Am Rande meines Vortrags über die Recruitingstrategie der DRK Kliniken Berlin auf dem Personalmanagementkongress 2023 hatte ich das Vergnügen, HR-Influencerin Ivana Tadic bei ihren Ausführungen über TikTok als Recruitingkanal zu lauschen. Danach bin ich beruhigt: auch wenn der Kanal wie jedes soziale Netzwerk seine eigene Atmosphäre hat – letztendlich formuliert Tadic keine anderen Regeln und Tipps als die, die aus meiner Erfahrung auf jeder Plattform für gutes (!) Personalmarketing gelten. Welche das sind, liest Du hier!

Coming full circle

„Full Circle Moment“ ist eins ihrer Lieblingswörter. Das meint in der Sprache der jungen Leute offenbar, dass sich ein Kreis schließt. Obwohl „to come full circle“ ursprüglich im Englischen eher bedeutet, zu einem unveränderten Ausgangspunkt zurückzukehren. Wieder an derselben Stelle zu stehen, wo man mal angefangen hat.

Ivana Tadic ist zwar erst Anfang 20, aber ständig schließen sich in ihrem Vortrag irgendwelche Kreise. Ihr Professor, bei dem sie früher Vorlesungen besucht hat, sitzt jetzt im Publikum und lauscht ihrem Vortrag. Full Circle! Erst hat sie verstanden, wie Studenten ticken, dann hat sie verstanden, wie TikTok tickt und jetzt betreibt sie einen Kanal für Studenten bei TikTok. Full Circle!

Die Generation TikTok liebt es pathetisch

Als etwa doppelt so alte und halb so coole HR-Influencerin möchte ich ihr zurufen: Das sind aber echt nur klitzekleine Kreis-chen! Warte mal ab, im Leben werden sich noch ganz andere Kreise auftun und schließen. Aber nicht unbedingt in der „Ende gut, alles gut“-Version, sondern auf eine Weise, bei der viel Selbstreflexion, psychisches und charakterliches Wachstum notwendig sind, um zu verstehen, das das durchaus alles Sinn ergibt.

Statt reinzurufen, notiere ich mir ein erstes Learning zur Generation TikTok. Sie liebt es pathetisch. Sie liebt das kleine Drama. Im 60-Sekunden-Clip zum Full Circle, vom großen Problem zur einfachen Lösung. Wer solche Erwartungen hat und die dann auch noch auf Plattformen wie dieser bedient bekommt, wird dadurch zwar nicht unbedingt erwachsener und überlebensfähiger. Aber vielleicht ein Follower eines Arbeitgebers bei TikTok.

TikTok oder Snapchat?

Zurück zur Eingangsfrage: Muss man als Unternehmen TikTok wirklich auch noch bedienen? Reichen nicht Instagram, Facebook, Youtube und LinkedIn? Das ist doch wahrlich schon aufwändig genug! Die Antwort lautet: Wenn man ein Nachwuchsproblem hat, ist es heute sicher sinnvoller, TikTok zum Social Media-Portfolio dazuzunehmen als Snapchat.

[Werbung] Gamification, Edutainment, Virtueller Rundgang: Das sind Vokabeln, die Du kennen solltest, wenn Du Marketing für die Generation Z machst. Und wenn Du die dahinter steckenden Methoden dann noch umsetzen kannst, hast Du in Sachen Nachwuchsgewinnung die Nase vorn! In meinem neuen Fachratgeber „Generation Z to go für Sozial- und Pflegeeinrichtungen“ (Walhalla Verlag, 2020; Amazon Affiliate Link) findest Du noch viele weitere Tipps, um die Generation Z zu verstehen und für Deinen Arbeitgeber zu gewinnen.

100 Millionen aktive Nutzer*innen europaweit im Monat lassen sich dort anzapfen. Nachwuchs meint in diesem Fall die 16- bis 24-jährigen, denn so alt ist die Kernzielgruppe (69%) auf TikTok inzwischen auch schon. Die Zeiten, in denen die Welt Online Grundschüler*innen als Nutzer*innen des Kanals benannte und seine 13-jährige Influencer*innen beschrieb, sind lange vorbei.

Haben wir überhaupt ein Nachwuchsproblem?

Wenn ich nun prüfe, ob ich eine Plattform als neuen Kanal in die Personalmarketingstrategie der DRK Kliniken Berlin aufnehmen möchte, verläuft mein Gedankengang etwa wie folgt. Wir haben zuletzt grob 1.800 Bewerbungen auf etwa 100 bis 150 Ausbildungsbeginnerplätze pro Jahr bekommen. Ein Nachwuchsproblem kann man das nicht nennen. Zwar beklagen die Verantwortlichen die Qualität der Bewerbungen und die mangelnde Motivation vieler junger Bewerber*innen, aber es ist sicher nicht davon auszugehen, dass sich ausgerechnet bei TikTok mehr Sorgfalt und Commitment finden lässt. Das spricht eher nicht dafür, dass wir den Kanal im Moment brauchen.

Allerdings: Dieses Jahr bieten wir erstmals das Freiwillige Soziale Jahr nicht nur in Form von Praxisplätzen, sondern als Träger an. Das muss sich erst herumsprechen. 81 Bewerbungen auf 74 Plätze in knapp vier Monaten sind nicht schlecht, aber auch nicht genug, einige freie Plätze gibt es noch. Wenn es eng werden sollte, sie bis zum FSJ-Start im September vollzukriegen, wäre TikTok eine Überlegung wert.

Funktioniert es von heute auf morgen?

Obwohl man so einen Kanal natürlich erst aufbauen muss. Wenn man heute startet, wird man dort nicht morgen tausende Follower haben und die ersten Bewerber*innen einsammeln. Oder vielleicht doch? Meine Söhne (mit 19 und 16 Jahren in der Kernzielgruppe) sagen, bei TikTok könne gefühlt jede*r innerhalb kürzester Zeit und viel schneller als in anderen sozialen Netzwerken eine große Reichweite und extrem viele Aufrufe erzielen und als vermeintliche*r Influencer*in beeindrucken. Das liege aber am Algorithmus, nicht unbedingt an der tatsächlichen Relevanz der Person oder des Contents.

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Die Geschichte von Ivana Tadic Geschichte klingt jedenfalls nach einem ähnlich märchenhaften Aufstieg. Auch sie sagt, der TikTok Algorithmus sei sehr ausgefuchst: wenn sie bloß an ein Schnitzel denke, zeige er ihr schon Schnitzelvideos am laufenden Band. Sie hat erst vor einem Jahr ihren Account registriert. Damals wechselte sie beruflich aus der Praktikanten- und Werkstudentenbetreuung bei Mercedes Benz in die Personal- und Führungskräfteentwicklung, mochte aber das Thema Studentenberatung nicht ganz aufgeben. „Es tat mir so leid, dass sie offenbar von den Eltern und Lehrern falsche Tipps bekamen und furchtbar schlechte Bewerbungen schrieben, mit denen sie garantiert kein Praktikum bekommen würden!“

Also gründete sie ihren TikTok-Kanal @bewerbungsqueen. Befüllte ihn mit kostenlosen Videotipps zum Beispiel zur Gestaltung des Lebenslaufs“: „Bitte nicht das Zertifikat von der Radfahrprüfung oder die Urkunde für besonders saubere Zähne aus der dritten Klasse anhängen!“ Nach einem Jahr hat sie mehr als 50.000 Follower auf TikTok und wurde auf LinkedIn als „Top Voice Next Generation“ ausgezeichnet.

Is consistency key?

Wenn man nach dem Vorbild von Ivana Tadic innerhalb eines Jahres ein Niveau von 300.000 Videoaufrufen pro Woche erreichen kann (wenn sie wenig postet, weil sie viele Vorträg hält) bzw. von einer Million Videoaufrufen, wenn sie viel postet, lässt einen das als Arbeitgeber hoffen. Vielleicht ist es doch gar nicht so aufwändig, TikTok noch zusätzlich zu bespielen, wie man befürchtet hat. Wenn sogar die HR Influencerin findet, einmal pro Woche etwas Gutes (!) zu posten, reiche aus.

Sie rät dazu, einmal im Monat einen Contentproduktionsmarathon einzulegen und dann damit geplante Posts für die kommenden Wochen vorzubereiten. Das häufig ausgerufene Motto: „consistency is key“ (in etwa: „Man muss ständig was posten, sonst folgt einem keiner“), hält sie für Quatsch. Der TikTok-Algorithmus lasse einen zwar sofort hängen, wenn man mal weniger poste. Aber genauso schnell sei man wieder im Rennen, wenn man dann wieder loslege. Ein Kanal, in dem man allein deswegen, weil man etwas veröffentlicht, hohe Reichweiten erzielen kann – das klingt super! Das ist bei Instagram und Facebook tatsächlich nicht der Fall. Natürlich hilft es auch, wenn die TikTok-Beiträge den Sehgewohnheiten der jungen Leute entsprechen. Was heißt das nun im Einzelnen, Ivana Tadic?

TikTok Geheimtipps nur für Abonnent*innen

Welche drei Regeln Du befolgen solltest, um bei TikTok richtig gutes Personalmarketing zu machen, beschreibe ich im Folgenden exklusiv für meine Abonnent*innen. Erfahre mehr darüber, …

  • welche technischen Besonderheiten bei TikTok zu beachten sind
  • warum ein Pyjama ein wichtiges Accessoire bei TikTok sein kann
  • was Onetakes, Outtakes & Co. so beliebt macht
  • was bei TikTok oft trendet
  • mit welchem Anfängerfehler man sich bei TikTok sofort als Unternehmen / Werbetreibender enttarnt
  • warum die oberste Maxime für die TikTok-Kommunikation laut Ivana Tadic sein sollte: „Zeigt, dass ihr nicht beißt“
  • inwiefern alle TikTok-Regeln auch für andere soziale Netzwerke gelten und wie man sie dort am besten umsetzt

Ausführliche Tipps exklusiv für Abonnent:innen

 

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Fassen wir zusammen: Die Generationen Z und Alpha wollen Infotainment. Ein bisschen lachen, ein bisschen was lernen, und zwar schnell und kostenlos. Das sei klassisches „Cherrypicking“ (= sich die Rosinen aus dem Kuchen picken), sagt Ivana Tadic. Aber wenn Unternehmen das Bedürfnis nicht bedienten, gingen die jungen Leute eben wieder zurück in ihren TikTok-Feed. Um andere Videos zu gucken und sich den nächsten Dopaminschub abzuholen.

Welche messbaren Erfolge bringt TikTok?

Und wenn man das Infotainment-Bedürfnis bedient, ist denn dann wenigstens garantiert, dass Bewerbungen dabei herumkommen? Die letzte Frage aus dem Publikum, was TikTok im Recruiting an konkreten Erfolgen bringt, kann Ivana Tadic auf dem Personalmanagementkongress 2023 nicht wirklich beantworten.

Als Studentenbetreuerin bei Mercedes Benz hat sie den Kanal nicht im Einsatz gehabt. Mercedes Benz betreibt keinen eigenen TikTok-Kanal, sondern schaltet nur Werbung dort. Als HR Influencerin bringt er ihr etwa zehn Kunden pro Woche, die eine Bewerbungskorrektur bei ihr buchen. Die Hälfte davon melde sich später nochmal, um ihr mitzuteilen, dass sie einen tollen Job gefunden habe.

Alte Hasen vs. junge Hüpfer

Wenn man als Influencer*in Geld verdienen wolle, so Tadic, gehe man sowieso lieber zu YouTube. Denn das relativ neue Format „YouTube Shorts“ funktioniere ähnlich wie TikTok, nur dass für die Creators dort mehr Werbeeinnahmen heraussprängen. YouTube hat mit der Shorts-Funktion schlicht von TikTok abgekupfert. Und dann einen monetären Anreiz geschaffen, um die erfolgreichen TikTokker von der Plattform wegzulocken.

Ob Unternehmen, Recruiter*in oder Internetplattform: Manchmal sind die alten Hasen (dazu gehört Youtube mit Gründungsjahr 2005 ganz sicher) schlauer als die jungen Hüpfer. Sie haben sich etabliert und schauen sich aus einer komfortablen Position und sicherem Abstand heraus die neuen Trends an. Sie lassen andere erstmal ausprobieren. Und wenn sich die Trends durchsetzen, übernehmen sie sie einfach in die eigene Strategie.

Als Trittbrettfahrer absahnen

Genau so arbeiten gute*r Recruiter*innen. Sie probieren neue Recruiting Tools, soziale Netzwerke, Messaging Dienste aus. Und alles, was dort erfolgreich ist, bieten sie in Zukunft direkt auf ihrem eigenen Karriereportal an.

@bewerbungsqueen Ivana Tadic lächelt zwar darüber. „Reels, die bei Instagram oder YouTube Shorts auftauchen, sind alles recycelte TikTok-Clips! Wenn ein Trend auf Insta und YouTube ankommt, ist er auf TikTok schon längst wieder vorbei.“ Das mag sein, aber ist ja überhaupt nicht schlimm. Auch als Trittbrettfahrer kann man noch jede Menge Goldstaub absahnen.

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