In der Zentralschweiz läuft unter dem Titel „Einstieg Pflege – Unabhängig der Erstausbildung“ eine Kampagne, die Fachkräfte aus anderen Branchen für einen Wechsel in die Pflege begeistern will. Dabei ist vorgesehen, dass die Kandidatinnen und Kandidaten noch einmal eine reguläre zweite Ausbildung zur diplomierten Pflegefachperson absolvieren (in der Schweiz als Studium an der Höheren Fachschule geregelt), selbst wenn sie zum Teil schon eine beachtliche Karriere in einem anderen Bereich hinter sich haben. Kampagnenprotagonist Peter war zum Beispiel Leiter Logistik, bevor er als Pflegestudierender noch einmal den Unterricht besuchte.

Absender der Kampagne ist XUND, ein Bildungszentrum für Gesundheitsberufe und gleichzeitig ein Verband für die Organisation der Arbeitswelt Gesundheit in der Zentralschweiz. Getragen wird XUND von den regionalen Alters- und Pflegezentren, Spitälern und Spitex-Organisationen sowie deren Branchenverbänden. Die Kampagne hat unter anderem Fachpersonen aus der Betreuung (in Deutschland wären das Betreuungskräfte), Medizinische Praxisassistenten (in Deutschland Medizinische Fachangestellte), Detailhandelsfachpersonen (Einzelhandelskaufleute), Kaufleute, Dentalassistenzpersonen (Zahnmedizinische Fachangestellte), Pharmaassistenzpersonen, Drogisten, Maler, Coiffeure (Friseure), Köche, Bäcker, Floristen und Schreiner erfolgreich für den Quereinstieg in der Pflege gewonnen.

Visualisierung per Vorher-Nachher-Effekt

Die Visualisierung der Kampagne spielt mit dem „Vorher-Nachher-Effekt“: „Vorher Leiter Logistik, drei Jahre später Pflegefachmann“, „Vorher Coiffeuse, drei Jahre später Pflegefachfrau“ heißt es auf den zugehörigen Plakaten. Das umfangreiche Kampagnenmaterial umfasst außerdem Videos (auf Schweizerdeutsch). „Die Ausbildung zur Coiffeuse war spannend“, beschreibt Sarah, 23, ihren Weg auf YouTube, „aber sie hat mich nicht erfüllt. Ich habe mich einfach nicht mehr am richtigen Platz gefühlt.“ In ihrer Unzufriedenheit habe sie sich mit der Familie und Freunden über neue Möglichkeiten beraten.


Das Video wird von Youtube eingebettet. Bitte vor dem Abspielen die Datenschutzhinweise unter Punkt "Plugins und Tools" beachten.

Aus solchen Quereinsteigergeschichten lässt sich viel lernen: zum Beispiel, wie breit auch hier der Begriff Quereinstieg gefasst wird (in Sarahs Fall meint er eine zweite Ausbildung im noch recht jungen Alter nach wenigen Jahren im Erstberuf) und dass auch Angehörige und Bekannte eine Zielgruppe für Quereinsteiger-Marketing sein können. Oft sind sie erste Ansprechpartnerinnen und -partner bei der Neuorientierung. Warum also nicht auch eine Kampagne denken, die sich an das Umfeld richtet: „Sie kennen jemanden, der in seinem Beruf unzufrieden ist? So können Sie ihn mit unserer Hilfe dabei unterstützen, seine Berufung zu finden!“

Die Macherinnen und Macher bei XUND bieten auf www.einstieg-pflege.ch nicht zuletzt einen kleinen Onlinetest zur Selbsteinschätzung vor dem Pflegestudium an der Höheren Fachschule an. Er soll die Bewerbenden dazu anregen, wichtige Aspekte der Neuorientierung zu berücksichtigen. Nachdem sie einige Fragen zum Alter, zur Erstausbildung und zu den EDV-Kenntnissen beantwortet haben, geben sie etwa ein, wie gut sie darin sind, Prioritäten zu setzen, eigenverantwortlich zu lernen, sich ihre Zeit einzuteilen, sich zu konzentrieren. Auch wird abgefragt, ob Entscheidungsfreude und Mut zu Neuem vorhanden sind und ob die Bewerbenden daran gedacht haben, für finanzielle Rückendeckung und Unterstützung aus dem Umfeld zu sorgen, falls die Ausbildungsvergütung für die Finanzierung ihres Erwachsenenlebens nicht ausreicht und beispielsweise Kinder zu betreuen sind. Die Auswertung des Onlinetests zeigt in Prozentzahlen an, wie gut die Bewerbenden in den verschiedenen Bereichen auf den Quereinstieg vorbereitet sind, und in welchen Aspekten sie sich noch besser informieren sollten. Dazu gibt es konkrete Tipps zu Themen wie Finanzierungsmöglichkeiten oder Übungen zur Steigerung der Konzentrationsfähigkeit.

Mit Matthias Rem, Leiter Marketing und Kommunikation bei XUND, habe ich für meinen neuen Fachratgeber „Quereinstieg: Potenziale nutzen, Personallücken schließen“ (Walhalla Fachverlag, 2025) über die Hintergründe der Kampagne „Einstieg Pflege – Unabhängig der Erstausbildung“ gesprochen:

Seit wann gibt es die Quereinsteiger-Kampagne von XUND und warum?

Die Kampagne unter www.einstieg-pflege.ch ist 2022 mit unbefristeter Laufzeit und Unterstützung der Branchen und Zentralschweizer Kantone gestartet. Sie ist Teil einer umfassenden Personalgewinnungsstrategie, die auch eigene Kampagnen und Maßnahmen für die Zielgruppen der Wiedereinsteigenden (www.wiedereinsteigen.ch) und der Schulabgängerinnen und -abgänger umfasst. Bei den Wiedereinsteigerinnen und -einsteigern geht es um jede Person, die schon einmal als diplomierte Pflegefachfrau oder diplomierter Pflegefachmann tätig war und in den Beruf zurückkehren möchte. Faktisch sind das hauptsächlich Frauen, die aus dem Beruf ausgestiegen sind, nachdem sie Kinder bekommen haben, weil es damals noch keine geeigneten Arbeitszeitmodelle zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie gab. Für Wiedereinsteigende bieten wir Kurse an, um ihr Pflegewissen aufzufrischen, deren Kosten vollständig vom Bund und den Kantonen übernommen werden.

Was die Zielgruppe der Berufswechslerinnen und -wechsler angeht, werden wir das Angebot im November 2025 um einen neuartigen Teilzeitstudiengang ergänzen. Er dürfte beispielsweise für Quereinsteigende, die schon Familie haben, sehr attraktiv sein. Sie können wählen, ob sie mit insgesamt 80 Prozent oder 60 Prozent Arbeitszeit den Theorieunterricht an der höheren Fachschule und die Praxis in den Betrieben absolvieren möchten – entsprechend verlängert sich dann die Studiendauer.

Können Sie bereits Erfolge der Quereinsteiger-Kampagne sehen?

Die Zahlen zeigen, dass es sehr häufig der Fall ist, dass Menschen das Interesse am Pflegeberuf erst später entdecken. Wir sind sehr zufrieden mit der Anzahl Besucherinnen und Besucher auf der Kampagnenwebsite. Der Quereinstieg in der Pflege war bei uns schon immer ein Thema. Die Quote der Quereinsteigenden in den Ausbildungsklassen liegt in den letzten Jahren gleichbleibend etwa bei 20 Prozent. Die Ausbildungsstarts haben in den letzten Jahren stark zugenommen und somit auch die absolute Zahl von Quereinsteigenden. Darunter sind querbeet Menschen aus den verschiedensten Erstberufen, wobei gewisse naheliegende Berufe wie Medizinische Praxisassistentinnen und -assistenten stärker vertreten sind. Auch vom Alter her gibt es keine Grenzen, weder von unserer Seite noch von Bewerbendenseite. Wir haben Personen, die mit über 50 Jahren an unserer Höheren Fachschule Pflege studieren.

Weiterlesen im Fachratgeber

Auf folgende Fragen geht Matthias Rem in meinem Fachratgeber „Quereinstieg: Potenziale nutzen, Personallücken schließen“ (Walhalla Fachverlag, 2025) ein:

  • Könnte man die Ausbildung für Quereinsteigende in der Pflege nicht verkürzen, da sie ja einiges Wissen schon aus ihren Erstberufen oder aus dem Privatleben mitbringen?
  • Welche Hürden gibt es beim Quereinsteiger-Recruiting?
  • Gibt es in der Schweiz auch Unterstützung seitens der Politik für das Thema Quereinsteiger-Recruiting?
  • Inwieweit unterstützen die Recruiting-Teams die Quereinsteiger-Kampagne der Abteilung Marketing und Kommunikation?

Ob als umgeschulte Betreuungskraft in einer Pflegeeinrichtung oder als Informatikerin beim Bundesverwaltungsamt, als Musiker im Lehramt oder Hausnotruf-Kundenbetreuerin ganz ohne Qualifikation – Quereinsteigende bilden eine tragende Säulein vielen Berufsfeldern. Längst nicht mehr nur als Notlösung, sondern zunehmend als wichtige Stellschraube gegen den Fachkräfte- und Personalmangel verstanden, sind sie gefragt wie nie. Und mit engagierter Personalentwicklung oft sogar mittelfristig als „echte“ Fachkräfte einsetzbar.

In meinem Fachratgeber „Quereinstieg: Potenziale nutzen, Personallücken schließen: Ein Recruitingleitfaden für Behörden und gemeinnützige Organisationen“ (Maja Roedenbeck Schäfer, Walhalla Fachverlag, 2025) erfahrt ihr mehr über die Erfolgsfaktoren eines strukturierten Quereinsteiger-Programms. Außerdem gibt es Best Practice-Beispiele u.a. aus den Bereichen Kita, Pflege und Verwaltung.

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