Lea hat nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung zur Bankkauffrau abgeschlossen und danach ein Jahr in diesem Beruf gearbeitet, bevor sie auf ein duales Bachelorstudium zur Erzieherin umsattelte und eine Tätigkeit an einer Grundschule aufnahm. Ihre Geschichte zeigt, dass sich Quereinstiege manchmal lange anbahnen und viel Rekrutierungspotenzial in unerfüllten beruflichen Träumen steckt. Und dass Quereinsteigende manchmal sogar die motivierteren und zufriedeneren Mitarbeitenden sind.

Wie kam es, dass Sie sich zunächst für eine Ausbildung zur Bankkauffrau entschieden haben?

Ich war kein Mathe-Fan und hatte an eine Karriere bei der Bank nie gedacht. Ursprünglich wollte ich Grundschullehramt studieren, bekam aber mit meinem Abiturdurchschnitt von 2,3 keinen Platz. Ich habe ein Jahr mit einem Job im Einzelhandel überbrückt und es noch einmal versucht, wurde aber wieder abgelehnt. Das war wie in ein großes, schwarzes Loch zu fallen. Ich dachte: „Was mache ich denn jetzt?“ Ich wollte endlich loslegen! Also habe ich viel online recherchiert und herausgefunden, dass man die Ausbildung zur Bankkauffrau bei der Deutschen Bank mit Abitur auf zwei Jahre verkürzen kann. Das war dann der ausschlaggebende Grund.

Wie ging es nach der Ausbildung weiter?

Bei der Deutschen Bank wollte ich nicht weitermachen. Dort war mir alles zu steif und zu spießig. Die Kolleginnen und Kollegen waren im Durchschnitt sehr alt. Ich hatte Lust auf ein junges, frisches Team. Also habe ich beim Vergleichsportal Verivox in der Kreditabteilung angefangen. Dort waren alle jung und haben sich geduzt und ich hatte wirklich nur mit Krediten zu tun und musste nicht wie bei der Bank verschiedene Finanzdienstleistungen erbringen. Die Arbeit hat mir wirklich Spaß gemacht, aber meine Vergütung setzte sich aus einem Grundgehalt und Provisionen zusammen. Jeden Tag kam man zur Arbeit in der Hoffnung, dass heute ein Kunde den Vertrag abschließt, zu dem man ihn beraten hat, und dass die Bank den Kredit genehmigt. Es wurde viel Druck aufgebaut: Öffentlich hingen Listen aus, in denen jeder sehen konnte, wie viele Telefonate die anderen am Tag geschafft und wie viel sie verkauft hatten. Obwohl es bei mir mit den Provisionen gut lief, wollte ich mich dem Druck nicht länger aussetzen und habe nach einem Jahr praktisch über Nacht entschieden, doch noch den Erzieherjob in Angriff zu nehmen, mit dem ich als Alternative zum Lehramt auch schon geliebäugelt hatte. Ich bereue meine Zeit als Bankkauffrau aber nicht. Ich habe extrem viel gelernt und meine Erfahrungen in der Baufinanzierung haben dazu geführt, dass mein Mann und ich schon sehr früh unser Haus gekauft haben. Das hätte ich sonst bestimmt nicht gewagt!

Erzählen Sie doch ein wenig mehr über den heimlichen Traum vom Erzieherberuf …

In der 9. Klasse hatte ich ein Praktikum in der Kita gemacht, weil ich gerne mit Kindern arbeiten wollte. Das war mir aber zu langweilig gewesen. Erzieher in der Kita leisten eine wichtige, anstrengende Arbeit, aber es geht doch viel ums Windeln wechseln. Ich habe mich vom Kopf her nicht genug gefordert gefühlt. Doch nachdem ich bei Verivox nicht mehr zufrieden war, habe ich entschieden, mich nochmal genauer zu informieren, was man im Bereich Erziehung alles machen kann, und bin auf das duale Studium und den Einsatzbereich von Erziehern in der Grundschule gestoßen. Ich selbst war in meiner Grundschulzeit sehr glücklich gewesen. Die heutige Schulleiterin war meine damalige Turnlehrerin und ich mochte sie sehr. Die Leiterin des Erzieherteams war meine Erzieherin gewesen, auch sie mochte ich gerne. Und so habe ich einfach mal nachgefragt, ob es einen Praxisplatz für mich gibt. Ich bekam sofort eine Zusage, musste mir aber den Schulplatz für die theoretische Ausbildung selbst suchen. Den habe ich im Oberlin Seminar in Berlin-Lichterfelde gefunden. Es hat alles sehr schnell geklappt! Bei Verivox musste ich darum bitten, dass sie mich früher aus dem Vertrag lassen, um den Ausbildungsstart nicht zu verpassen. Sie haben sich darauf eingelassen, weil ich neben dem Erzieherstudium noch drei Jahre lang einen Nebenjob in der Kreditberatung gemacht habe.

Wie war es, in einem etwas fortgeschrittenen Alter noch einmal Auszubildende zu sein?

Es war eine anstrengende Zeit. Montags und dienstags war ich am Oberlin Seminar, mittwochs bis freitags in der Grundschule und nachmittags habe ich aus dem Homeoffice meinen Nebenjob bei Verivox erledigt. Nebenbei haben wir den Hauskauf und Umzug abgewickelt. Außerdem haben wir einen großen Hund, der viel Auslauf braucht, und einen großen Garten, der viel Arbeit ist. Aber irgendwie hat mir die Ausbildung so viel Spaß gemacht, dass ich sie nicht als Belastung empfand. Natürlich ist es manchmal anstrengend und ich stöhne: „Boa, ich kann nicht mehr!“, aber das kommt nie aus tiefstem Herzen. Ich mache sogar freiwillig mehr als ich müsste.

Weiterlesen im Fachratgeber

Auf folgende Fragen geht Lea in meinem Fachratgeber „Quereinstieg: Potenziale nutzen, Personallücken schließen“ (Walhalla Fachverlag, 2025) ein:

  • Wie sieht Ihr Arbeitsalltag als Erzieherin nach dem Quereinstieg jetzt aus?
  • Sehen Sie sich selbst als Quereinsteigerin?
  • Sie wirken sehr glücklich in Ihrem Beruf. Sind Quereinsteigende die motivierteren Mitarbeitenden?
  • Was sind Ihre Zukunftspläne: Werden Sie dem Erzieherberuf nach dem Quereinstieg treu bleiben?

Ob als umgeschulte Betreuungskraft in einer Pflegeeinrichtung oder als Informatikerin beim Bundesverwaltungsamt, als Musiker im Lehramt oder Hausnotruf-Kundenbetreuerin ganz ohne Qualifikation – Quereinsteigende bilden eine tragende Säulein vielen Berufsfeldern. Längst nicht mehr nur als Notlösung, sondern zunehmend als wichtige Stellschraube gegen den Fachkräfte- und Personalmangel verstanden, sind sie gefragt wie nie. Und mit engagierter Personalentwicklung oft sogar mittelfristig als „echte“ Fachkräfte einsetzbar.

In meinem Fachratgeber „Quereinstieg: Potenziale nutzen, Personallücken schließen: Ein Recruitingleitfaden für Behörden und gemeinnützige Organisationen“ (Maja Roedenbeck Schäfer, Walhalla Fachverlag, 2025) erfahrt ihr mehr über die Erfolgsfaktoren eines strukturierten Quereinsteiger-Programms. Außerdem gibt es Best Practice-Beispiele u.a. aus den Bereichen Kita, Pflege und Verwaltung.

Image by Monica from Pixabay.

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