Im Frühjahr 2019 habe ich für die Diakonie Deutschland eine Umfrage zur Erfahrung von Mitarbeitenden aus Sozial- und Pflegeeinrichtungen mit Karrierenetzwerken wie XING und LinkedIn durchgeführt.
Haben sie dort ein Profil? Wurden sie dort schon von Arbeitgebern angesprochen? Möchten Sie dort gerne von Arbeitgebern angesprochen werden? Ziel war es herauszufinden, ob die Methode der Direktansprache von potentiellen Bewerber*innen (Active Sourcing) auf XING und LinkedIn auch in unserer Branche eine Möglichkeit zur Deckung des Personalbedarfs sein könnte. Fakt ist: Während im Jahr 2014 in Karrierenetzwerken noch kaum Profile von pädagogischen und pflegerischen Fachkräften zu finden waren, sind es inzwischen tausende Profile deutschlandweit:
XING-Suche deutschlandweit (Stand Juni 2019)
Schlagwort Pflegekraft: 2.000 Profile, Pflegefachkraft: 8.700 Profile, Krankenschwester / Krankenpfleger: jeweils über 10.000 Profile, Erzieher: über 10.000 Profile, Heilpädagoge: 1.800 Profile
LinkedIn-Suche deutschlandweit (Stand Juni 2019)
Schlagwort Pflegekraft: 24.800 Profile, Pflegefachkraft: 13.800 Profile, Krankenschwester: 26.700 Profile, Krankenpfleger: 14.600 Profile, Erzieher: 8.200 Profile, Heilpädagoge: 4.100 Profile
Im Rahmen der Umfrage wurden 76 Fragebögen vollständig beantwortet. Die Teilnehmer*innen kamen laut (freiwilliger) Postleitzahlenangaben vor allem aus Nordrhein-Westfalen, dem Großraum Berlin und Süddeutschland. Die Umfrage läuft weiter unter https://www.q-set.de/q-set.php?sCode=SSYPSMBYFTGC. Bitte helfen Sie, sie weiter zu verbreiten, um ein noch aussagekräftigeres Ergebnis zu erzielen!
Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage zu XING und LinkedIn auf einen Blick
- Die deutliche Mehrheit der Teilnehmer*innen (84%) findet Active Sourcing im Sozial- und Gesundheitswesen angebracht und zeitgemäß.
- Die deutliche Mehrheit der Teilnehmer*innen (78%) hat ein positives Bild von Arbeitgebern, die Kandidaten in Karrierenetzwerken oder sozialen Netzwerken anschreiben, um ihnen Jobangebote zu machen.
- Ein knappes Drittel der Teilnehmer*innen haben bereits Profile in Karrierenetzwerken, die Mehrheit von ihnen bei XING.
- Ein gutes Viertel der Teilnehmer*innen hat bereits einmal ein Jobangebot über ein Karrierenetzwerk oder soziales Netzwerk erhalten, mehr als die Hälfte von ihnen über XING.
- Das ideale Jobangebot kommt als E-Mail an die Privatadresse (47%), ist individuell formuliert und nimmt Bezug auf den Lebenslauf des Kandidaten (21%). Es beschreibt die Vorteile der Arbeitsbedingungen beim anbietenden Arbeitgeber und geht ganz konkret auf Gehalt und Arbeitszeitmodelle ein.
Detailergebnisse
Die meisten Teilnehmer*innen (gut zwei Drittel) haben noch keine Profile in Karrierenetzwerken. Die meisten Teilnehmer*innen, die ein Profil in einem Karrierenetzwerk haben, sind bei XING unterwegs.
Bei dieser Frage waren mehrere Kreuzchen möglich. Die meisten Teilnehmer*innen, die eins oder mehrere Profile in Karrierenetzwerken haben, waren der Meinung, ein Profil in einem Karrierenetzwerk gehöre heutzutage einfach dazu (60%). Knapp die Hälfte der Teilnehmer*innen sucht oder suchte mit dem Profil einen neuen Arbeitgeber (48%). Die wenigsten Teilnehmer*innen eifern ihren Kolleg*innen nach. Als andere Gründe für die Anlegung eines Profils in einem Karrierenetzwerk wurden genannt:
- Fachlicher Austausch
- Öffentliche Auffindbarkeit
- Neugier auf die Reaktion meines Arbeitgebers
Fast drei Viertel der Teilnehmer*innen (befragt wurden hier auch diejenigen, die kein Profil in einem Karrierenetzwerk haben) haben noch nie ein Stellenangebot über ein Karrierenetzwerk wie XING oder LinkedIn oder ein soziales Netzwerk wie Facebook oder Instagram erhalten.
Bei dieser Frage waren mehrere Antworten möglich. Die Teilnehmer*innen, die bereits ein Jobangebot über ein Karrierenetzwerk oder soziales Netzwerk erhalten haben, wurden mehrheitlich über XING angesprochen. Als weitere Kanäle wurden Instagram und Telefonanrufe genannt.
Die Durchschnittsnote für die erhaltenen Nachrichten liegt bei 2,8. Die meisten Teilnehmer*innen bewerteten die erhaltenen Nachrichten mit „gut“.
Den meisten Teilnehmer*innen gefiel, dass die erhaltene Nachricht auf ihr Profil bzw. ihren Lebenslauf einging. Als weitere positive Aspekte wurde die kreative Herangehensweise genannt und die Tatsache, dass der Absender bekannt war und aus dem beruflichen Netzwerk stammte.
Die meisten Teilnehmer*innen (43%) fanden nichts, was sie an der Nachricht störte. Den anderen fehlten vor allem Detailinformationen oder sie störten sich daran, eine nicht individualisierte Standard-Nachricht erhalten zu haben. Unter weiteren Aspekten wurde genannt, dass die angegebene Kontaktperson nicht zu erreichen war und dass laut der Profileinstellungen kein Jobangebot gewünscht gewesen war.
Die Mehrheit der Teilnehmer*innen, die schon einmal ein Jobangebot über ein Karrierenetzwerk oder ein soziales Netzwerk erhalten haben, hat darauf auch geantwortet.
Die deutliche Mehrheit der Teilnehmer*innen (95%) hat noch kein Jobangebot, das über ein Karrierenetzwerk kam, angenommen.
Zu dieser Frage wurden 90 Vorschläge eingereicht, die für die Auswertung gebündelt wurden. Am wichtigsten war es den Teilnehmer*innen, ein persönliches, individuell auf ihren Lebenslauf zugeschnittenes Angebot statt einer Standard-Nachricht zu erhalten (21%). Dass man es nicht jedem Recht machen kann, zeigen die teils gegensätzlichen Tipps: 11% der Vorschläge bezogen sich darauf, lieber seriöse, formelle Nachrichten zu schreiben und die Bewerber*innen zu siezen. Doch es gibt genauso Teilnehmer*innen (4% der Vorschläge), die lockere, humorvolle Nachrichten vorziehen, in denen sie möglicherweise sogar geduzt werden. Im Folgenden die Vorschläge im Einzelnen:
- Persönliches, individuelles Anschreiben statt allgemeine Standard-Nachrichten, auf Profil/Lebenslauf des Kandidaten eingehen: 21%
- Nicht zu aufdringlich, nicht unter Druck setzen, nicht zu verzweifelt klingen: 13%
- Seriöse, zurückhaltende, formelle, niveauvolle Ansprache, korrekte Rechtschreibung, siezen: 11%
- Ehrlichkeit, keine leeren Versprechen: 10%
- Detailinformationen nennen oder verlinken (Arbeitsort, Arbeitsfeld, konkretes Gehalt, Alleinstellungsmerkmale, vollständige Stellenanzeige): 9%
- Konkrete attraktive Arbeitsbedingungen anbieten (Home Office, unbefristeter Vertrag, angemessenes Gehalt, familienfreundliche Arbeitszeiten, neue Arbeitszeitmodelle, konkrete Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, mehr Urlaubstage, konkrete Zukunftsperspektiven): 8%
- Nur passgenaue Angebote machen (eine Führungskraft der Jugendhilfe bekam sinnloserweise Stellenangebote als Leiharbeiter im Bereich pädagogische Fachkräfte; ein Teilnehmer mit Masterabschluss bekam Angebote, für die kein solcher Abschluss notwendig war): 7%
- Lockere, freundliche, humorvolle, moderne Ansprache, duzen: 4%
- Mit einem vollständigen, aktuellen Arbeitgeber-/Recruiter-Profil arbeiten: 3%
- Nicht nur Topkandidaten anschreiben, sondern auch Quereinsteiger, ausländische Fachkräfte: 2%
- Verbindlich sein: 2%
- Professionell im Active Sourcing wirken, ggf. Weiterbildung machen: 2%
- Diskretion zusichern: 2%
- Kandidaten aus dem persönlichen Netzwerk anschreiben: 1%
- Kein „Fachchinesisch“ verwenden: 1%
- Kurz halten: 1%
- Persönliches Telefonat/Treffen anbieten: 1%
Die meisten Teilnehmer*innen (80%) würden für ein höheres Gehalt den Arbeitgeber wechseln. Unter den im Freitextfeld selbst genannten Wünsche waren mit jeweils 7 Prozent „Attraktivere Aufgaben“ (sinnstiftender, mehr Gestaltungsspielraum, besser auf persönliche Interessen abgestimmt) und „Bessere Arbeitsbedingungen“ (Gesundheitsmanagement, Home Office, Supervision, Bahnticket, Fitnessstudio, Wissenstransfer) die meist genannten.
Die deutliche Mehrheit der Teilnehmer*innen (84%) findet Active Sourcing im Sozial- und Gesundheitswesen angebracht und zeitgemäß. Die unschlüssigen Teilnehmer*innen (8%) befürchteten vor allem eine Zunahme der Fluktuation unter den Mitarbeiter*innen und einen zu hohen Aufwand.
Knapp die Hälfte der Teilnehmer*innen (47%) bevorzugt eine E-Mail an ihre Privatadresse zur ersten Kontaktaufnahme, ein Drittel (33%) bevorzugt eine Nachricht über Karrierenetzwerke wie XING oder LinkedIn.
Die deutliche Mehrheit der Teilnehmer*innen (78%) hat ein positives Bild von Arbeitgebern, die Kandidaten in Karrierenetzwerken oder sozialen Netzwerken anschreiben, um ihnen Jobangebote zu machen.
Die knappe Mehrheit der Teilnehmer*innen würde ihrem aktuellen Arbeitgeber erzählen, dass sie von einem anderen Arbeitgeber ein Jobangebot über ein Karrierenetzwerk wie XING und LinkedIn oder ein soziales Netzwerk erhalten hat.
Die Mehrheit der Teilnehmer*innen (70%) hätte kein schlechtes Gewissen gegenüber ihrem aktuellen Arbeitgeber, sich von einem anderen Arbeitgeber abwerben zu lassen.
Hier gibt’s die Umfrageergebnisse zum Download als PDF!
Details zu den Teilnehmer*innen der Umfrage zu XING und LinkedIn im Sozial- und Gesundheitswesen
Die meisten Teilnehmer*innen waren zwischen 31 und 40 Jahre alt. Unter 20-Jährige haben leider nicht an der Umfrage teilgenommen, sodass keine Aussagen für die Generation Z getroffen werden können.
Mit Abstand die meisten Teilnehmer*innen arbeiten als Fach- und Führungskräfte im pädagogischen Bereich, die wenigsten als Assistenzkraft im pädagogischen Bereich. Unter Sonstiges gaben die Teilnehmer*innen folgende Positionen an:
- Landesreferentin
- Einrichtungsleitung und Geschäftsführung
- Mitarbeiter Personalabteilung
- Mitarbeiter Öffentlichkeitsarbeit
- Leitung
- Fachkraft im psychologischen Bereich
- Psychologin in der Jugendhilfe
- Angestellter Lehrer
- Bundesfreiwilligendienstleistender
Die meisten Teilnehmer*innen hatten eine dreijährige Ausbildung mit Zusatzqualifikation, die wenigsten Teilnehmer*innen hatten eine ein- oder zweijährige Helferausbildung. Unter Sonstiges gaben die Teilnehmerinnen Folgendes an:
- Uni
- Promotion
- Keine Ausbildung
- Lehramt
Die meisten Teilnehmer*innen hatten 5 bis 10 Jahre Berufserfahrung, jedoch verteilte sich die Berufserfahrung relativ gleichmäßig auch auf die anderen Kategorien „unter 5 Jahre“, „11 bis 20 Jahre“ sowie „über 20 Jahre“.
Titelbild: geralt
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