Klar ist es eine schöne Sache, wenn Mitarbeiter*innen sich als Arbeitgeberbotschafter*innen zur Verfügung stellen. Und in den sozialen Netzwerken Selfies und Stories aus dem Arbeitsalltag teilen. Mit Social Media- und Corporate Influencer-Schulungen sowie Guidelines versuchen Unternehmen, das Engagement gleichzeitig zu fördern und zu steuern. Aber ganz leicht ist das nicht. Und auf jeden Fall eine unendliche Geschichte. Wie und warum wir uns bei den DRK Kliniken Berlin der Herausforderung trotzdem stellen, lest ihr hier.

Wer mit Corporate Influencern arbeitet, kennt das sicher. Da gibt es eine Mitarbeiterin, die aktuell sehr überschwänglich viele tolle Dinge über das Unternehmen postet und öffentlich Ideen einbringt. Aber man weiß genau, man muss sie im Auge behalten. Denn sollte sie mit irgendetwas mal nicht mehr so zufrieden sein, kann das auch ins Gegenteil umschlagen. Und im schlimmsten Fall in ein Arbeitgeber-Bashing auf Kununu ausarten. Ob man so jemanden großformatig auf ein Personalmarketing-Plakat setzt, das sich nicht mal eben schnell austauschen lässt? Das muss man sich gut überlegen. Auf jeden Fall sollte man eng im Gespräch bleiben. Und zeigen, dass man mitbekommt, was gepostet wird.

Skeptiker, Anfänger, passive Konsumenten

Oder: Es gehen viele Anmeldungen für eine Social Media-Schulung ein. Man freut sich schon auf neue Mitstreiter beim Bedienen der Unternehmensprofile. Doch dann finden sich vor allem Social Media-Skeptiker ein. Oder Social Media-Anfänger. Sie sind zwar neugierig auf die neuen Möglichkeiten in diesen Kanälen. Möchten aber als passive Konsumenten lieber nicht selber ins Rampenlicht. Oder Kolleg*innen, die nur mal sagen wollten, dass sie es schlimm finden, dass Mitarbeitende sich jetzt auch noch vor den Karren des Unternehmens spannen lassen und als Corporate Influencer bei der Personalgewinnung helfen sollen. Bei allem, was schief läuft im Gesundheitswesen. Aber auch dann ist die Veranstaltung keine vergebene Liebesmüh. Denn man kann ins Gespräch gehen. Und mit einer guten Social Media-Strategie überzeugend darstellen, dass das Unternehmen damit durchaus etwas erreicht. Auch für die eigenen Mitarbeitenden.

Dann gibt es da noch die gewieften Influencer*innen in den Teams, die auf Instagram & Co. ihr eigenes Ding verfolgen. Hinter ihrem Engagement für das Unternehmen (Vertaggen in Beiträgen) steckt vor allem das Ziel, Reichweite für ihre privaten Foodie-Profile oder Recruiting Blogs (hehehe) aufzubauen. Das ist grundsätzlich nicht verwerflich, aber immer ein Balanceakt. Solange beide Seiten etwas davon haben (z.B. Backlinks) und sich gegenseitig mit Respekt behandeln, ist alles gut. Wenn dann aber der häufig gefeaturete Mitarbeitende plötzlich gleichzeitig Wortführer beim nächsten Verdi-Streik ist, läuft es in die falsche Richtung.

Wir stellen uns der Herausforderung

Trotz der zahlreichen Fallstricke, die das Thema Corporate Influencer bereithält, stellen wir uns der Herausforderung. Nach unserer allerersten Arbeitgeberbotschafterschulung vor vier Jahren begann eine absolute Social Media-Anfängerin mit einem Instagram-Takeover, aus ihrem Arbeitsalltag als Rotkreuzschwester zu berichten. Und hat inzwischen den 500+ Status bei LinkedIn erreicht. Prominente Gäste auf ihren Kanälen und wurde gemeinsam mit mir für Tagesschau Online interviewt. Ihr seht Pflegeinfluencerin Dilek Erusta auf dem Titelbild links. Durch ihren persönlichen Social Media-Aufruf, sich in ihrem Team zu bewerben, konnten erst kürzlich wieder eine Stelle besetzt und zwei weitere Vorstellungsgespräche terminiert werden.

Aus einem FSJ-Bildungstag rund um das Thema soziale Netzwerke gingen, wenn auch nicht wie erhofft unternehmenseigene TikTokker, so doch ein paar lustige Videoclips zum Posten hervor. Und selbst aus einer nicht ganz eindeutig angekündigten Praxisanleiterschulung, bei der die Teilnehmerinnen eigentlich eher Möglichkeiten des digitalen Austauschs und der digitalen Projektarbeit mit Auszubildenden als eine Qualifizierung zum Corporate Influencer suchten, konnten wir zumindest einige Mitarbeiter-Steckbriefe für den Karriereblog mitnehmen. Steter Tropfen höhlt den Stein.

Unterschiedlichen Anliegen und Arten von Influencern im beruflichen Kontext

Auf jeden Fall stellen wir fest: Nicht jeder, der sich für Instagram interessiert, möchte Arbeitgeberbotschafter werden. Mitarbeitende haben die unterschiedlichsten Anliegen, was Social Media betrifft. Die einen möchten wissen, wie sie soziale Netzwerke und Karrierenetzwerke im beruflichen Kontext nutzen können. Aber eher, um ihre eigene Expertise darzustellen oder sich gar anderswo zu bewerben, als um etwas über das Unternehmen zu teilen. Die anderen möchten auf dem Laufenden bleiben und mit jungen Menschen (seien es Auszubildende oder eigene Kinder) auf Augenhöhe über TikTok & Co. reden. Wieder andere wünschen sich allgemeine Social Media-Kompetenzen z.B. zum Finden verlässlicher Quellen bei Fachfragen.

Wenn denn dann doch jemand mit der Rolle „Arbeitgeberbotschafter*in“ liebäugelt, ist viel Aufklärungsarbeit nötig. Denn es gibt heutzutage die unterschiedlichsten Arten von Influencer*innen. Man muss sich überlegen, wie man sich etablieren möchte. Und das Unternehmen sollte wissen, wie es mit den verschiedenen Typen umzugehen hat. Neben den eingangs bereits beschriebenen und aus verschiedenen Gründen zwiespältigen Kandidat*innen, sind das:

Der Corporate Influencer ohne Agenda

Der Corporate Influencer ohne Agenda ist einfach gern in den sozialen Netzwerken unterwegs. Und postet dementsprechend auch aus dem Arbeitsalltag viele eher persönliche als fachliche Stories und Kolleginnenselfies. Die Gefahr, dass er negative Dinge über das Unternehmen postet, ist gering. Denn eigentlich übernehmen nur zufriedene Mitarbeitende freiwillig, unaufgefordert und authentisch eine solche Rolle.

Man muss aber im Auge behalten, dass sie als „ungelernte Öffentlichkeitsarbeiter“ keine Fehler machen wie auf ihren Selfies abgebildete Personen nicht um Veröffentlichungseinwilligung zu bitten oder aus Versehen Interna am Computerbildschirm auf Fotos mit einzufangen. Im Trend ist auch der Livestream aus dem Nachtdienst, wo man unbeobachteter ist. Denn mit Livestreams lässt sich auf TikTok Geld verdienen. Wenn dann allerdings im Hintergrund andere Pflegekräfte über einen Patienten sprechen, wird es brenzlig und der selbsternannte Corporate Influencer braucht dringend eine Social Media-Schulung, in der auch der Datenschutz thematisiert wird.

Der semiprofessionelle Öffentlichkeitsarbeiter

Der semiprofessionelle Öffentlichkeitsarbeiter ist ein Corporate Influencer, der professionell genug ist, als dass man ihn „von der Leine lassen“ und darauf vertrauen kann, dass er selber gut einschätzen kann, welche Arten von Beiträgen dem Unternehmen zuträglich sind. Er postet und teilt eher fachliche oder öffentlichkeitsarbeitsrelevante als persönliche Dinge und weiß, dass er seine eigene Meinung manchmal zurückstellen muss, wenn er dem Unternehmen oder seiner Berufsgruppe dienen will.

Als Gegenleistung wünscht er sich die Freiheit, nicht jeden Post vorher absprechen zu müssen und von der Unternehmenskommunikation nicht gegängelt zu werden. Er sollte für sein Engagement gewertschätzt und belohnt werden, denn Social Media-Kommunikation ist nichts anderes als ehrenamtliche Zusatzarbeit. Eine Belohnung wäre z.B. eine Freistellung für Kongresse, von denen die Person im Namen des Unternehmens wiederum berichten und sich gleichzeitig weiterbilden kann.

Der Themeninfluencer

Der Themeninfluencer engagiert sich für ein Thema wie Praxisanleitung oder Recruiting im Gesundheitswesen, postet dazu Tipps und Tricks und gibt nur am Rande oder gar nicht zu erkennen, für welches Unternehmen er arbeitet. Er sollte ruhig ermutigt werden, das Unternehmen zu nennen. Denn es kann nur gut für das Arbeitgeberimage sein, wenn Mitarbeitende mit fachlicher Expertise und Talent zum modernen Selbstmarketing als Multiplikatoren für fortschrittliche Strategien, Projekte und Prozesse auftreten. Abzusprechen ist, inwieweit z.B. in Anleitungsvideos Innenräume des Unternehmens zu sehen oder bei der Beschreibung von Projekten interne Evaluationen veröffentlicht werden dürfen.

Einschränkungen lässt sich der Themeninfluencer allerdings ungern gefallen, denn er weiß, dass er mit seiner Expertise anderswo mit offenen Armen empfangen werden würde. Beispiele: Praxisanleitung witzig und immer fachlich korrekt: Anka_k. Praxisanleitung gemischt mit Berufspolitik: Agata Lutter. Langzeitpflege und Praxisanleitung durchweg positiv dargestellt incl. Blick hinter die Kulissen der Social Media-Arbeit: John Victor Lopes.

Der Pflegeaktivist

Der Pflegeaktivist arbeitet zwar in der Pflege, äußert sich öffentlich aber eher kritisch gegenüber Arbeitsbedingungen, Gehalt etc., weil er etwas verbessern möchte. Hier sind genaue Absprachen zwischen Influencer und Arbeitgeber notwendig, in welchem Rahmen konstruktiv-kritische Äußerungen akzeptabel sind und wie die Abgrenzung zwischen Mitarbeiter und öffentlicher Person erfolgen kann. Ggf. kann es irgendwann notwendig werden, die Zusammenarbeit zu beenden, denn es lässt sich schlecht verheimlichen, für welchen Arbeitgeber der Pflegeaktivist arbeitet. Und als Unternehmen ist es besser, mit innovativen Lösungsansätzen an die Öffentlichkeit zu gehen als die Abwärtsspirale aus sich verschlechterndem Branchenimage durch Notstandsklagen weiter zu befeuern.

Tipps, die ihr euren Corporate Influencern an die Hand geben könnt
Welche Art von Influencer*innen sich auch immer in eurem Unternehmen engagieren: folgende Tipps zum Weitergeben haben wir in unserer kürzlichen Social Media-Schulung für Praxisanleiter*innen von Pflegeaktivistin Jenny Kuhnert an die Hand bekommen. Sie wollte übrigens selbst Praxisanleiterin werden, bekam aber von ihrem damaligen Arbeitgeber keine Weiterbildungserlaubnis (super schlecht für die Mitarbeiterbindung…). Wir hatten Jenny (auf dem Titelbild rechts zu sehen) schon zum zweiten Mal für einen Input im Rahmen einer Fortbildung eingeladen. Ihre Tipps & Tricks stelle ich im Folgenden exklusiv für Recruiting2Go-Abonnent*innen zusammen:

Ausführliche Tipps exklusiv für Abonnent:innen

 

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Und ein letzter Tipp für alle, die mit Social Media zu tun haben. Vermeide einen Social Media-Burnout! Der Algorithmus wird Dir eintrichtern, dass nichts so schlimm ist wie nichts zu posten. Er verändert sich ständig. Und Du musst Deine Posts darauf anpassen, um weiterhin Reichweite zu erzielen. Irgendwann gerät jeder Arbeitgeberbotschafter dadurch unter Druck. Und riskiert seine Gesundheit. Es sei denn, man macht sich von Anfang an immer wieder klar, dass die sozialen Netzwerke eine spannende Nebentätigkeit sind, aber nicht existenziell. Und wird vom Unternehmen dabei unterstützt, diese Distanz zu wahren.

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