Dass zufriedene Mitarbeiter besser arbeiten, ist kein Staatsgeheimnis. Schade nur, dass Recruiter im Sozial- und Gesundheitswesen momentan eher frustriert sind. Die Lösung: ein Barcamp!

Unzufriedenheit ausgerechnet in Zeiten des Fachkräftemangels, in denen wir die volle Power und das volle Engagement unserer Recruiter brauchen! Über die Gründe für dieses unglückliche Zusammentreffen von Umständen habe ich in dieser Slideshare-Präsentation und in dieser Handreichung schon viel geschrieben. Kurz zusammengefasst leiden unsere Recruiter unter Konflikten mit der Personalabteilung, der Öffentlichkeitsarbeit, den Fachbereichen und der Geschäftsführung (also eigentlich mit allen).

Die Konflikte entstehen durch unklare Aufgabenverteilung, Entscheidungskompetenzen und Prioritäten, zu hohe Erwartungen, zu viel Druck und zu wenig Kooperationsgeist. Sie sind sicher nicht der zentrale, aber einer der am meisten unterschätzten Gründe dafür, wenn die Personalbeschaffungsstrategie nicht aufgeht. Bevor man als Arbeitgeber nun also neue Recruiting-Kanäle im Dutzend ausprobiert, Agenturen oder Berater anheuert, steht erst einmal die wichtigste Aufgabe von allen an: Helft euren Personalern, ihre Motivation wiederzufinden – zum Beispiel mit einem Barcamp!

Wo ist mein Tribe?

Die Diakonie Deutschland lud im November 2018 mit genau dieser Absicht achtzig Recruiterinnen und Recruiter aus ihren Mitgliedseinrichtungen zum ersten Diakonie Personaler Barcamp nach Berlin ein. Uns Menschen geht es nun einmal dann gut, wenn wir ein Gefühl von Zugehörigkeit verspüren. Zu einer Community, wie wir vor fünf Jahren sagten, oder einem Tribe, wie es heute heißt. Meist gibt es aber in Sozial- und Pflegeeinrichtungen keine Recruiting-Abteilungen, in denen man sich mit Gleichgesinnten austauschen könnte, sondern vereinzelte Recruiter, die still vor sich hin wirken. Keine Community, keinen Tribe.

Beim Barcamp, so die Idee, sollte ein neues Gemeinschaftsgefühl entstehen – und daraus Motivation. Als Hauptzielgruppe für die Veranstaltung nannten wir bewusst jene Mitarbeitenden, die in den letzten zwei, drei Jahren eingestellt wurden, um dem Fachkräftemangel die Stirn zu bieten – oft Quereinsteiger aus der Wirtschaft oder frische Hochschulabsolventen und ihres Zeichens Digital Natives. Viele durften überhaupt nur kommen beziehungsweise fühlten sich überhaupt nur angesprochen, weil die Veranstaltung nicht als “Kongress” deklariert war.  Einen Kongress hätte man, so erfuhren wir,  als Führungskräfte-Veranstaltung verstanden. So kamen vor allem die fleißigen Arbeitsbienchen, es mischten sich aber auch einige neugierige Personalleiter  unters Volk. Fünfzig Personen hofften auf der Warteliste auf einen Nachrückerplatz.

[Werbung] Einen Ratgeber konkret zum Thema Motivation von Recruitern im Sozial- und Gesundheitswesen gibt es noch nicht (könnte ich ja mal schreiben ;-)). Aber es gibt dieses Werk: “Mitarbeitermotivation ist lernbar” von Peter Bechtel und anderen (Springer Verlag, 2017; Amazon Affiliate Link) speziell für  Gesundheitseinrichtungen. Der Klappentext: “Motivierte Mitarbeiter entscheiden über den Erfolg eines Unternehmens. Dies gilt in besonderem Maße für Einrichtungen im Gesundheitswesen, denn Patienten wissen engagierte Zuwendung besonders zu schätzen. Das Handbuch richtet sich an Führungskräfte des mittleren Pflegemanagements in der stationären und ambulanten Kranken- und Altenpflege. Die Autoren erläutern Strategien zur Mitarbeiterführung und –motivation.”

Feedback der Barcamper

Um es vorweg zu nehmen: Bis auf zwei Teilnehmer waren alle durchweg begeistert und bewerteten unser Barcamp mit einem lachenden Smiley. Bei der Bewertung des fachlichen Inputs und der mitgenommenen Erkenntnisse für die eigene Arbeit erhielt die Veranstaltung die Durchschnittsnote 2. Hier ein paar qualitative Rückmeldungen, auf die wir stolz sind:

  • „Ich wollte mich nochmals persönlich bei allen Beteiligten für dieses tolle Erlebnis bedanken. Der kollegiale Dialog war hervorragend. Dankeschön! Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung.“
  • „Ich bin noch immer ganz beseelt vom letzten Freitag – all die Arbeit und Mühe, die Sie und das Orga-Team investiert haben, hat sich auf jeden Fall gelohnt – es war rundum toll!“
  • „Nochmals ganz herzlichen Dank für einen wirklich KLASSE Event. Es hätte kaum besser sein können. Von einem Schwaben ist das ein dickes, fettes Lob!“
  • „Viele Themen aus den Sessions wurden auf der Rückfahrt vertieft und Umsetzungsideen geschmiedet!“
  • „Tolle Erfahrung. Tolle Teilnehmer. Es war für mich auch eine Weiterentwicklung, einmal selbst eine Session zu moderieren. Danke auch für diese Erfahrung. Übrigens bin ich seit der Veranstaltung mit vielen beim Du, was ich für meine Arbeit als toll empfinde.“

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Was hat die Barcamper so begeistert?

Vorbild für unsere Veranstaltung war das HR Barcamp von Christoph Athanas und Jannis Tsalikis, das inzwischen schon Kultstatus genießt. Damit unser Diakonie Personaler Barcamp genauso toll werden würde, verpflichteten wir Christoph Athanas als Moderator, der seine Kollegin Tina Schimek mitbrachte, die ebenfalls eine große Hilfe war. Wir wollten nicht „mal versuchen, ein Barcamp auf die Beine zu stellen“, sondern ein richtiges, echtes veranstalten. Auch weitere Details waren bis ins Kleinste durchdacht und daraufhin geprüft, ob sie auf unser großes Ziel der Motivation unserer Recruiter einzahlen würde.

So fand beispielsweise das Warm up am Vorabend im Unicorn Berlin, einem Co-Workingspace in der Brunnenstraße statt. In dieser Welt der digitalen Nomaden, die über die Kontinente reisen und in Co-Workingspaces von Bali bis Melbourne oder eben Berlin Station machen, um ihre Online-Geschäfte voranzutreiben, brachten wir uns in eine aufgeschlossene, neugierige und inspirierende Stimmung. Es gab exotische Fingerfood-Häppchen, ein Kennenlernspiel mit Ritter-Sport-Schokolade, Hobby-Vergleich und einem ersten Brainstorming zu den Personalthemen, die den Teilnehmern unter den Nägeln brannten.

Glückliche Kommentare der Gäste

Schon hier belauschten wir die ersten glücklichen Kommentare der rund 45 Gäste. Sie freuten sich einfach über alles: Über die Begrüßungscocktails, über das Buffet, über die Schokolade, über die lockere Atmosphäre in den Gruppen, über das beim Barcamp übliche „Du“ und die lässige Kleiderordnung ohne Krawatte und Kostümchen, die jegliche Hierarchien aus den Angeln hob. Als Organisator fragte man sich, was denn all diese lieben und fachlich hochkompetenten Menschen um Himmels Willen im Arbeitsalltag erleben, wenn man sie mit so einfachen Mitteln so glücklich machen kann? Da sind wir ganz schnell wieder beim eingangs beschriebenen Frust. Es ist nicht so, dass sie nicht alle grundsätzlich bei tollen Arbeitgebern angestellt wäre. Aber das Verständnis für die Bedürfnisse und Probleme der neuen Profession des Recruiters fehlt im Sozial- und Gesundheitswesen einfach vielerorts.

Jetzt geht’s los

Pünktlich um 21 Uhr gingen die Lichter im Unicorn aus, denn wir wollten schließlich alle frisch ausgeschlafen um 8.30 am nächsten Morgen mit dem Barcamp beginnen. Und da ging es dann gleich weiter mit den Überraschungen: Es gab frisch gemachtes, lecker duftendes Popcorn und kuschelige Kissen auf den Stühlen (die auch mit nach Hause genommen werden durften), denn wir wollten, dass es unsere Personaler beim Barcamp gemütlich haben. Sie sollten sich so richtig verwöhnt fühlen. Nach dem schönen Auftakt am Vorabend begrüßten sich alle sehr herzlich und integrierten die Neuankömmlinge schnell. Als das gemeinsame Aufwärmen begann, das zum Barcamp einfach dazugehört, gab es keinerlei Zurückhaltung mehr. Wir hatten uns für eine Swingtanz-Einlage mit Mini-Tanzkurs entschieden, durchgeführt von der Berliner Tanzschule Swingspiration. Auch das passte zum Motto: Wir bringen unsere Personaler wieder ein Schwung!

Nun ging es an die Session-Pitches. Denn ein Barcamp ist ein besonderes Tagungsformat ohne im Voraus geplante Agenda. Die Teilnehmer treffen sich, sammeln Themenvorschläge und stimmen dann ab, zu welchen Themen es Arbeitsgruppen geben soll. Wessen Vorschlag angenommen wird, der leitet eine einstündige so genannte „Session“. Dabei gibt es keine Frontalvorträge, sondern nur einen kurzen Input und eine anschließende Diskussion, in der jeder seine Erfahrungen beiträgt. Idealerweise entstehen Lösungsansätze, Sammlungen von Best Practice-Beispielen und Netzwerke zur weiteren Bearbeitung brennender Themen.

Müssen die Teilnehmer das Barcamp Format kennen?

[Werbung] Wer ein Barcamp organisieren möchte, sollte sich zumindest beim ersten Mal Unterstützung holen. Sonst wird es schnell zum peinlichen “Versuch eines Barcamps”. Es kostet auch einige Überwindung, “ein Event zu planen, ohne zu planen” – schließlich wird das Programm erst bei der Veranstaltung selbst gemeinsam mit den Teilnehmern erarbeitet. Wir waren froh über unsere Entscheidung, Christoph Athanas von Meta HR für unser Barcamp gewonnen zu haben, auch wenn dadurch Honorarkosten entstanden. Wer es günstiger haben möchte, schaue sich einmal den “Barcamp Leitfaden” von Andreas Pilz (Eigenverlag, 2017; Amazon Affiliate Link) an, damit auch nichts vergessen wird.

Jede Sorge, dass ein Barcamp-Format in der Diakonie zu unbekannt sein könnte, um zu funktionieren, erwies sich als völlig unbegründet. Nach einer kurzen Einführung durch Christoph Athanas bildete sich eine Schlange aus 20 Teilnehmern, von denen jeder nur eine Minute Zeit hatte, um für sein Thema zu werben. Von den 20 Themenvorschlägen, die das gesamte Spektrum der diakonischen Personalarbeit abbildeten, schafften es schließlich 12 in den Stundenplan:

  1. Arbeitgeberattraktivität
  2. Mitarbeitergespräche
  3. Active Sourcing
  4. Bewerbungsprozesse
  5. Employer Branding
  6. Betriebliche Mitbestimmung
  7. Recruiting in den Social Media
  8. Stellenanzeigen
  9. Konfliktherde im Recruiting
  10. Mitarbeiterbindung
  11. Digitale Lernformen
  12. Bewerbermanagementsysteme

Die Ergebnisse der Barcamp Sessions

Wir sind noch dabei, die Ergebnisse der Sessions zusammenzutragen, aber es zeichnen sich jetzt schon grandiose Ideen ab: Die Gruppe zum Thema Active Sourcing beziehungsweise Abwerbung von Mitarbeitenden regte einen offiziellen Austausch von Fachkräften und Bewerbern unter diakonischen Trägern und Einrichtungen an, damit sie dem Gesamtverband nicht verloren gehen. Ein guter Bewerber, den die Einrichtung, für die er sich interessiert, gerade nicht unterbringen kann, könnte an eine Partnereinrichtung vermittelt werden und so lange dort arbeiten, bis eine Stelle in seiner Wunschreinrichtung für ihn frei wird. Eine Pflegefachkraft, die bisher als Berufseinsteigerin in der Stadt gearbeitet, aber nun mit ihren Kindern ein Häuschen auf dem Land bezogen hat, müsste nicht kündigen und selbst nach einem neuen Arbeitgeber suchen, sondern könnte über ein diakonisches Wechselprogramm die Stelle mit einer Nachwuchsfachkraft tauschen, die es aus der Provinz in die Stadt zieht. Super Idee, oder? Active Sourcing wäre dann vielleicht gar nicht mehr notwendig.

Die Gruppe zum Thema „Digitale Lernformen“ schlug eine verbandseigene Onlineplattform für Videokurse, Webinare und interaktives Unterrichtsmaterial vor. Die Gruppe „Konfliktherde im Recruiting“ entwickelte eine Checkliste zur Stärkung der Rolle des Recruiters in Trägern und Einrichtungen. Auch Expertentipps wurden diskutiert. So brachte Stefan Borgelt von Great Place to Work Studienergebnisse ein, nach denen Mitarbeiterzufriedenheit im wesentlichen Maße von den Führungskräften abhängt. Der wichtigste Faktor für mehr Arbeitgeberattraktivität ist demnach eine strategische Führungskräfteweiterbildung. Ebenfalls wichtig: Die Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung, die bereits vorhanden sind, immer wieder zu kommunizieren! Oft vergessen Mitarbeiter, wie gut sie es eigentlich haben oder welche Angebote sie bei ihrem Arbeitgeber hätten, aber nicht nutzen. Ein Träger gab hunderttausend Euro im Jahr für mitarbeiterorientierte Maßnahmen aus und erntete doch bloß Kritik.

Keine Hoheit mehr über die Stellenanzeigen

Wolfgang Brickwedde vom Institute for Competitive Recruiting riet den Teilnehmern, nicht länger am Idealbild einer „schönen“ Stellenanzeige festzuhalten, die in allen Kanälen gleich aussieht und über die man als Arbeitgeber die Hoheit behalten kann. Stellenanzeigen, die online geschaltet werden, tauchen gewollt oder ungewollt in den unterschiedlichsten Zusammenhängen wieder auf: Sie werden von Meta-Stellenbörsen wie Indeed gecrawlt und möglicherweise mit zerschossenem Design kopiert, sie werden von Stepstone demnächst modularisiert und nach dem neuen Liquid Design-Ansatz je nach Vorlieben des Nutzers anders zusammengesetzt oder sie verfolgen die Nutzer als Werbeanzeige für eine Stellenbörse in Form eines Vorschau-Teasers per Retargeting durch das Internet. Oder sie werden von pfiffigen Mitarbeitern bei eBay-Kleinanzeigen eingestellt, wenn es eine Prämie für Mitarbeiterempfehlungen zu kassieren gibt. „Egal! Wichtig ist doch nur, dass eure Stellenanzeigen so weit wie möglich verbreitet werden“, so Wolfgang.

Das Barcamp zum Anschauen

 

Last but not least gehört zu einem perfekten Event eine perfekte Veranstaltungsdokumentation. Wir hatten mit Christian Fussenegger, VJ, und Julian Klücklich, Graphic Recorder, gleich zwei Profis an Bord. Tolle Erinnerungen entstehen durch Bilder und Bilder werden gerne geteilt. Darum befragten wir in unserem „Fernsehstudio“ im Lobby-Bereich die Teilnehmer des Barcamps zu ihren Erlebnissen auf der Veranstaltung und konnten viel Material für einen Film und zahlreiche Social Media-Clips festhalten (coming soon, ist noch im Schnitt). Besonders bestaunt wurde Julian, der live während der Veranstaltung zeichnete und die Kerngedanken der Sessions in tollen Comic-Grafiken festhielt. Sie sind bei Facebook zu finden, wo – wie übrigens auch bei Twitter und Instagram – während der gesamten Veranstaltung unter dem Hashtag #dpbc18 immerhin ein wenig gepostet wurde.

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