In der Diakonie Niedersachsen läuft im Moment eine Kooperation, die ich großartig finde: Die Jugendhandballer des TSV Hannover-Burgdorf („Die RECKEN“) helfen bei der Nachwuchsgewinnung für die Sozial- und Pflegeberufe.

Eine so genannte „Sozialpartnerschaft“ zwischen dem Diakonie Landesverband und dem Sportverein läuft schon seit vielen Jahren, doch das Thema Nachwuchsgewinnung und die Zielgruppe junge Menschen in der Berufsorientierungsphase sind erst seit 2019 Schwerpunkt. Verschiedene Formate wurden und werden dabei eingesetzt: Nachwuchshandballer machen Praktika in sozialen Einrichtungen, Handballtrainer geben Sportunterricht bei den Auszubildenden der Diakonie Niedersachsen – und alles wird für eine große Reichweite umfangreich mit Videos und Bildern bei Facebook begleitet.


Im Idealfall können durch diese Kooperation verschiedene Ziele erreicht werden: Die jungen Handballer, die nicht alle auf eine Karriere als Bundesligaspieler hoffen dürfen, bekommen einen Einblick in das Sozial- und Gesundheitswesen und überlegen sich als Plan B, einen Sozial- oder Pflegeberuf zu erlernen. Geschwister, Freunde oder Social Media-Fans des Handball-Vereins betrachten die jungen Handballer als Vorbilder und machen es ihnen nach. Umgekehrt finden die Auszubildenden der Diakonie Niedersachsen Gefallen am Handballspiel und besuchen die Heimspiele der TSV Hannover-Burgdorf. Die zahlreichen Einrichtungen, die zur Diakonie Niedersachsen gehören, bekommen durch die Kooperation und die Vorarbeit des Landesverbandes die Möglichkeit, mit relativ wenig Aufwand reichweitenstarke Marketingaktionen mit den Handballern auf die Beine zu stellen.

André Lang, Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei der Diakonie Niedersachsen, berichtet über die Hintergründe der Kooperation:

Wie kam die Idee der Kooperation mit dem TSV Hannover-Burgdorf zustande?

Kontakte mit den Handballern gibt es seit fast zehn Jahren. Der damalige Diakoniepastor des Diakonieverbandes Hannover-Land wohnte in Burgdorf und kannte den damaligen Geschäftsführer des TSV persönlich. Ich habe den Kontakt von meiner Arbeit beim Träger Hannover-Land zum Landesverband der Diakonie in Niedersachsen mitgenommen und intensiviert. Seit 2014 sind wir offizieller Sozialpartner und in diesem Jahr sind wir auch „Partner der Jugend“.

Wie ist die Kooperation organisiert und wie werden die Erfolge gemessen?

Es gibt einen Vertrag, mit dem sich beide Seiten absichern. Erfolge sind wie immer in der Öffentlichkeitsarbeit schwer zu messen. Aber es gibt natürlich „harte Fakten“, wenn ein Bericht über die Diakonie in der kostenlosen Spieltagszeitung abgedruckt und von 7.000 Handballfans wahrgenommen wird oder wenn entsprechende Reichweiten in den Social Media erreicht werden. Außerdem messen wir, wie viele Karten in einer Saison an diakonische Einrichtungen verteilt wurden.

Könnt ihr euch vorstellen, mit weiteren Sportvereinen zusammenzuarbeiten?

Die Handballer waren das Pilotprojekt. Mit dem Fußball-Bundesligisten Eintracht Braunschweig gibt es einen zweiten Ansatz, wir wurden dazu aus der Braunschweiger Region ermutigt. Grundsätzlich ist eine Partnerschaft auch an anderer Stelle möglich, sie muss aber von der Diakonie vor Ort gewollt und mitgetragen werden. Die Rahmenbedingungen müssen passen.

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Wie lange dauert die Kooperation mit dem TSV Hannover-Burgdorf noch und was ist noch geplant?

Wir werden im Frühjahr entscheiden, ob wir die Kooperation fortführen. Das hängt immer von beiden Seiten und den zur Verfügung stehenden Ressourcen ab sowie von den sich weiterentwickelnden Zielen der beteiligten Institutionen. Derzeit würde ich sagen, dass dies wechselseitig gewollt ist. Zunächst werden drei weitere Nachwuchsspieler in diakonischen Einrichtungen hospitieren und ein RECKEN-Trainer wird an einer unserer diakonischen Schulen mit Jugendlichen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, Handball spielen. Denkbar wäre, dass ein angehender Handballprofi berufsbegleitend bei uns eine Ausbildung beginnt oder ein FSJ macht. Den Handballern ist sehr bewusst, dass sie neben dem Sport auch eine berufliche Perspektive für sich entwickeln müssen. Wir würden ihnen das gerne ermöglichen.

[Werbung] Mit der Nachwuchsstrategie ist man als Sozial- und Gesundheitsunternehmen nie fertig. Jede nachwachsende Generation hat ihre eigenen Bedürfnisse und Lieblingskanäle. Kooperationen mit Schulen oder Sportvereinen gehören aber seit Jahrzehnten zum sinnvollen Portfolio dazu. Mehr dazu in meinem neuen Fachratgeber “Generation Z to go für Sozial- und Pflegeeinrichtungen” (Walhalla Verlag, 2020; Amazon Affiliate Link).

Welche Tipps hast du für Nachahmer?

Es geht am Ende darum, dass Akteure, die vor Ort für den Sozialraum Verantwortung übernehmen wollen, zusammenarbeiten. Die großen Sportvereine vor Ort haben dabei natürlich immer eine gewisse Identifikationswirkung. In den größeren Städten ist oft Fußball angesagt, gerade in kleineren Städten kann es aber auch Handball, Basketball, Volleyball oder Eishockey sein. Die Empfehlung kann an dieser Stelle nur sein, Kontakt aufzunehmen und zu schauen ob die Chemie untereinander stimmt. Wenn sich alle Beteiligte auf Rahmenbedingungen einigen können, werden alle Beteiligte das Gefühl haben, auf unterschiedlichen Ebenen von einer solchen Partnerschaft zu profitieren.

Daniels Praktikum im DIAKOVERE-Altenzentrum Hannover-Kirchrode

Mehrere Nachwuchshandballspieler vom TSV Hannover-Burgdorf machen Praktika in Einrichtungen der Diakonie in Niedersachsen: Daniel Weber (16 Jahre) ist der erste. Er unterstützt die Senioren, hilft bei der Essensausgabe und nimmt sich Zeit für ein Gespräch. “Nicht jeder kann Handballprofi werden”, sagt der ehemalige Bundesligahandballer Sven-Sören Christophersen, heute Sportlicher Leiter beim TSV Hannover-Burgdorf, dazu. “Da muss man zweigleisig fahren.” Die jungen Handballer sind Vorbilder für andere Jungs in ihrem Alter, die auch mitten in der Berufsorientierung stecken. Zum Praktikum wurde ein Video gedreht, das bei Facebook bisher knapp 5.000mal aufgerufen wurde.

 

Die Trainingseinheit der Sozialassistenz-Azubis im Birkenhof Bildungszentrum

Heidmar Felixson ist Nachwuchskoordinator beim TSV Hannover-Burgdorf und absolvierte mit 25 angehenden Sozialassistent*innen im Birkenhof Bildungszentrum in Kirchrode eine Trainingseinheit. An öffentlichen Grundschulen hat er das schon häufig gemacht, doch die Zusammenarbeit mit Jugendlichen an einer diakonischen Ausbildungsstätte kannte er vorher noch nicht. „In Island hat Sport einen anderen Stellenwert“, berichtet Felixson auf der Webseite der Diakonie in Niedersachen. Sport sei in seiner Heimat eine Selbstverständlichkeit in der Arbeit mit Kindern und werde als wichtiger Aspekt für die Gesundheit angesehen. „Wenn Mathe in der Schule ausfällt, ist das kein Problem; wenn Sport ausfällt ist das für die Eltern ein Drama.“ Beim Training mit den Diakonie-Azubis ging es ihm um Koordination und Spaß. Die Auszubildenden lernten von Heidmar Felixson nicht nur, wie Handball geht, sondern auch, wie man Menschen motiviert. Eine Fähigkeit, die sie in ihrem sozialen Beruf gut gebrauchen können. Die ganze Meldung lest ihr hier.

Bild: Ingolf Semper, Öffentlichkeitsarbeit Bethel im Norden

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