Schon zum zweiten Mal bekam die Diakonie die tolle Gelegenheit, eine aktuelle Stellenausschreibung für den Active Sourcing Award des Instituts for Competitive Recruiting in Kooperation mit Talentwunder zur Verfügung zu stellen.

Profi-Sourcer, die sich für den Award bewarben, bekamen die Aufgabe, passende Kandidaten für die ausgeschriebene Stelle zu suchen. Nachdem 2018 die Diakonie Leipzig auf diese Weise erste Erfahrungen mit der Direktansprache sammeln konnte, war nun im Sommer in 2019 die Stephanus-Stiftung dran. Sie suchte – und fand! – auf diesem Wege einen Geschäftsführer für einen Inklusionsbetrieb. Recruiter Helmut Husmann berichtet über den Award und seinen persönlichen Ansatz beim Active Sourcing.

Was ist das für ein Inklusionsbetrieb, für den ihr eine Geschäftsführung gesucht habt?

Es handelt sich um ein neu zu gründendes Tochterunternehmen der Stephanus-Stiftung, das gastronomische  Dienstleistungen (Hotelerie, Catering und Reinigung) anbieten wird. Menschen mit Behinderung und ohne Behinderung werden ab 1. Januar 2020 gemeinsam unternehmerisch aktiv sein. Es geht darum, Menschen mit Behinderung eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bieten, so wie es das Bundesteilhabegesetz (BTHG) vorsieht.

Hattet ihr die Position vorher schon anderweitig ausgeschrieben?

Die Besetzung steht im engen Zusammenhang mit Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen innerhalb der Stephanus-Stiftung. Durch den vorangegangen Reorganisationsprozess müssen wir uns in allen Bereichen weiterentwickeln. Deshalb wollen wir differenziertere Arbeitsplätze anbieten. Hinzu kam die Möglichkeit, ein Hotel zu übernehmen. Gleichzeitig hatten wir die Situation, dass ein Geschäftsführer, der für die Mitübernahme der Aufgabe in Frage gekommen wäre, leider langfristig erkrankte und klar war, dass im Herbst 2019 das Ausscheiden anstand. Wir hatten die Position ein Dreivierteljahr vorher schon einmal über einen Personaldienstleister ausgeschrieben, doch mit den Kandidaten, die uns vermittelt wurden, waren wir nicht zufrieden oder wir hatten uns mit ihnen nicht einigen können. Unter anderem führten wir Gespräche mit einem hochrangigen Kandidaten einer namhaften Hotelkette, dessen Haus geschlossen worden war. Doch irgendwie passten wir nicht zusammen.

Wir haben dann das Profil für die Ausschreibung noch einmal geschärft und sie beim Active Sourcing Award eingereicht. Bei der ersten Ausschreibung hatten wir eher einen „normalen“ Geschäftsführer aus der BWL-Ecke gesucht. Gerne mit 10 Jahren Erfahrung in der Hotellerie oder Gastronomie, gerne auch schon in unserer Region unterwegs. Inzwischen war uns klar geworden, dass wir eine Führungspersönlichkeit mit Gründungserfahrung und Fingerspitzengefühl für die Arbeit brauchen. Sie sollte sich unbedingt schon intensiv mit Inklusion beschäftigt und nicht bloß mal einen Menschen mit Behinderung eingestellt haben, um die Ausgleichsabgabe zu vermeiden.

Welches Ergebnis brachte der Active Sourcing Award?

Schon zwei Wochen nach Abgabe der Stellenausschreibung bekam ich eine Liste mit Kandidaten. Ich sollte sie nach Passung und Qualifikationen bewerten. Damit ist der Active Sourcing Award eigentlich beendet und das Unternehmen entscheidet selbst, wie es mit den Kandidatenvorschlägen weiter verfährt. Ich habe festgestellt, dass sechs Kandidatinnen und Kandidaten auf der Liste gut oder sehr gut passten. Die anderen schwammen mir zu sehr „in derselben Suppe“, kamen aus anderen sozialen Trägern und hatten noch nie einen Blick über den Tellerrand gewagt. Wir wollten Input von außen! Gemeinsam mit dem Vorstand und in Absprache mit den Veranstaltern des Awards habe ich unsere Favoriten angeschrieben. Über XING und LinkedIn hat jeweils einer „angebissen“, beide im Alter von Anfang, Mitte Fünfzig. Zwei weitere haben sich trotz mehrfacher Erinnerung gar nicht zurückgemeldet und zwei schrieben, dass sie derzeit den Arbeitgeber nicht wechseln wollten.

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Wie ging es weiter?

Unser Favorit hatte schon mal einen Inklusionsbetrieb geführt und war in einem Gremium der Bundesregierung zum Bundesteilhabegesetz (BTHG) engagiert. Das schien uns perfekt zu sein: Ein Mann mit Erfahrung an der Basis und Kontakten zu hochrangigen Stellen! Schon eine Woche später kam es zum Vorstellungsgespräch beim Vorstand, ein zweites Treffen zur Vertragsübergabe folgte ein paar Tage danach. Noch vor der Preisverleihung des Active Sourcing Awards, innerhalb von anderthalb Monaten, hatten wir den Kandidaten eingestellt und unsere Geschäftsführerposition besetzt! So schnell ist das noch nie gegangen. Leider konnten wir nicht bei der Preisverleihung auf der Zukunft Personal in Köln dabei sein und die Profi-Sourcer persönlich kennenlernen.

Wie hast du den Kandidaten angeschrieben, um ihn neugierig zu machen?

Er war eigentlich gar nicht daran interessiert, den Arbeitgeber zu wechseln. Aber die Aufgabe, die wir ihm boten, einen Inklusionsbetrieb von der Pike auf aufzubauen und zu gestalten, hat ihn dann doch zu sehr gereizt. Ein Pluspunkt war auch, dass unsere Stiftung größer ist als das Unternehmen, wo er vorher war, und gemeinsam mit dem Vorstand sehr wertschätzende Bewerbungsgespräche geführt wurden.

Ich habe mir gar nicht groß Gedanken über das Anschreiben bei XING und LinkedIn gemacht. Das funktioniert bei mir automatisch. Ich habe es bei meiner früheren Tätigkeit für BASF gelernt. Man schreibt keine lange Mail, nur ein paar Stichworte. So wenig Informationen wie möglich, aber so viel wie nötig. Es ist wie beim Angeln: Man muss den Fisch anfüttern. Man muss die Kandidaten neugierig machen. Ein bisschen bauchpinseln: „Ich habe gesehen, dass Sie tolle Erfahrungen in dem und dem Bereich haben“. Die Nachricht darf nicht wie SPAM wirken. Den Link zur konkreten Stellenausschreibung füge ich bei der Kontaktaufnahme noch nicht hinzu. Der Schreibstil muss zu der Person passen. Gesiezt habe ich alle, aber der Herr, für den wir uns entschieden haben, war online locker und modern unterwegs. Er twitterte, teilte und likte viel. Daher schrieb ich ihn auch viel lockerer an als einen anderen, der sachlicher rüberkam und in der Hotellerie tätig war, wo man eine gehobene Ausdrucksweise pflegt.

[Werbung] Den Fachkräftemangel erfolgreich bekämpfen mit proaktivem Recruiting – das ist eine Lösung, die im Sozial- und Gesundheitswesen noch zu wenig genutzt wird. Immerhin hat sich zum Beispiel die Zahl der Profile von Pflegekräften auf XING zwischen 2014 und 2016 von einigen hundert auf über zehntausend erhöht. Das „Praxishandbuch Active Sourcing“ von Wolfgang Brickwedde (SpringerGabler Verlag, 2019; Amazon Affiliate Link), der mit seinem Institute for Competitive Recruiting Mitveranstalter beim Active Sourcing Award ist, erklärt, wie es geht.

Ist das Active Sourcing auch eine Möglichkeit, um Fachkräfte zu finden?

Ich würde sagen, es ist eine Methode für die Führungskräftegewinnung. Ich habe es schon mit Pflegekräften probiert, aber die Resonanz ist nicht da. Sie schauen nur alle Jubeljahre mal in ihr XING-Profil. Und sobald jemand öfter online ist, sind die Personaldienstleister auch schon dran.

Werdet ihr weiter mit Active Sourcing rekrutieren?

Wenn ich die Zeit bekomme, würde ich es beim nächsten Mal gerne selber machen! Ich habe den Active Sourcing Award als zusätzliches Mittel genutzt, weil wir viel zu tun hatten. Die Direktansprache kostet viel Zeit. Das muss der Vorgesetzte wissen und man muss sich auch mal ausklinken und sagen dürfen: Jetzt suche ich mal ein paar Tage nach Pflegekräften und kann nicht schnell noch eine aktuelle Ausschreibung für eine pädagogische Fachkraft dazwischenschieben.

Aktuell suchen wir einen IT Freelancer. Gestern habe ich anderthalb Stunden Recherche investiert und vier Personen angeschrieben. Heute haben schon zwei geantwortet und gleich habe ich das erste Telefonat.

Hast du noch weitere Tipps für Recruiter*innen, die es auch versuchen wollen?

Es ist eine Mischung aus Talent und Handwerk. Schreibt auch mal eine Überschrift für eure Nachricht komplett in Großbuchstaben, um aufzufallen! Macht euch klar, dass die Leute, die ihr anschreibt, nicht arbeitslos sind und nur auf eure Nachricht warten!

Man muss als Recruiter auch gefunden werden können. Wenn Leute Interesse an einem Arbeitgeberwechsel haben, suchen sie aktiv nach Recruiterprofilen auf XING. Wenn man in seinem XING-Profil in der Rubrik „Ich suche“ die Schlagworte aus den aktuellen Stellenausschreibungen notiert hat, schreiben einen die Leute sogar direkt an. Nein sagen kann man immer, aber zumindest kommt der Kontakt so erstmal zustande. Neulich haben wir einen Personalreferenten gesucht. Ich habe das in mein Profil geschrieben und wurde von zwei Personen kontaktiert. Allerdings habe ich gleich gesehen, dass sie keine Berufserfahrung in dem Bereich haben.

Als Recruiter braucht man bei XING unbedingt das Premiumprofil. Dann kann man auch auswerten, wer über welche Gruppe kam, wer meinen Namen eingegeben hat. So kommt man wieder auf weitere Ideen, wen man noch anschreiben könnte. Das Talentmanager Tool von XING, das meines Wissens über 6.000 Euro pro Lizenz kostet und mit dem man Talentpools anlegen kann, haben wir allerdings auch nicht.

Bist du gerne Recruiter?

Ich bin mit Herzblut dabei! Die größte Bestätigung ist, wenn man über das Gelände der Stiftung läuft und von Menschen begrüßt wird, die man selbst eingestellt hat. Oder wenn einem der Fleischer in unserer Einrichtung im Umland eine Wurst zusteckt. Wie gesagt, ich war vorher bei BASF. Die Unternehmensgebäude sind beeindruckend. Aber es ist zu unpersönlich, die Mitarbeitenden sind alle nur Nummern. Hier in der Stiftung hat alles einen persönlichen Touch und so macht es mir am meisten Spaß.

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