Die beste Frage beim Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2019 kam aus dem Publikum in Prof. Dr. Anja Lüthys Forum „Krankenhäusern online ein Gesicht geben”.

„Warum findet ein Forum mit so vielen zukunftsweisenden Ideen abends kurz vor dem Zapfenstreich in einem der hintersten Kellerräume statt und nicht als Eröffnungsrunde auf dem großen Podium?“ Zuvor hatte Kommunikationsleiter Marc Raschke von den Personalmarketing Innovationen des Klinikums Dortmund berichtet, Oliver Eger von Whatchado die Bedeutung von Videos im Recruiting beleuchtet, Anja Lüthy für mehr Roboter, Künstliche Intelligenz, Patienten-Apps und Mitarbeiter-Chillräume in Gesundheitseinrichtungen geworben. Und ich bekam spontan die Gelegenheit, meine Blogger Kampagne als Best Practice Beispiel vorzustellen (Titelfoto: Katharina Lutermann). „Wenn wir das alles nicht umsetzen, bleiben wir als Krankenhäuser viel grauer als wir eigentlich sind“, so das Fazit des Geschäftsführers einer nicht namentlich genannten Klinik aus dem Publikum.

Die besten Tipps zur Fachkräftesicherung vom Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2019

Ideen gibt es jedenfalls genug, um als Krankenhaus oder andere soziale Einrichtung Bewerber*innen auf sich aufmerksam zu machen: vom (Corporate) Influencer Marketing bis zum Pflegefestival wie es jährlich im Uniklinikum Hamburg Eppendorf steigt. „Eigne ich mich als Stationsleitung in der Geriatrie?“ konnten die Besucher dort in mehreren Dutzend Testfragen herausfinden, erzählt Anja Lüthy. Wenn ja, bekamen sie eine E-Mail mit der freundlichen Aufforderung, sich doch gerne zu bewerben.

Soziale Netzwerke werden bei der Personalgewinnung auf jeden Fall eine immer stärkere Rolle spielen. Lüthy zitierte Claudia Leischner von der Agentur gyro: „85 Prozent meiner neuen Mitarbeiter – also 17 von 20 Neueinstellungen – kamen in den vergangenen zwei Jahren über Instagram zu uns. Sie schickten Bewerbungsvideos via YouTube, Lebensläufe via WhatsApp oder gingen einfach via LinkedIn oder Xing mit mir persönlich in den Dialog“ (Quelle: Wirtschaftswoche). Das Argument, die Social Media seien doch nur etwas für junge Leute, zählt schon lange nicht mehr. Marc Raschke berichtete von einem 81jährigen Patienten, der einem Arzt aus dem Klinikum Dortmund kürzlich verkündete, er kenne ihn von Facebook.

Der Kontakt von Mensch zu Mensch schlägt virtuelle Highlights

Doch virtuelle Welten hin oder her, der persönliche Kontakt zum Bewerber kann dadurch nicht ersetzt werden. Anja Lüthy zeigte eine schöne Stellenanzeige für einen Assistenzarzt (w/m/d), in der ein Mentor zugesagt wurde, der dem neuen Kollegen langfristig zur Seite stehen würde, um sich bei seinem neuen Arbeitgeber einzugewöhnen und weiterzuentwickeln. Auch Oliver Eger von Whatchado betonte, dass man Bewerber*innen viel besser über zwischenmenschliche Nähe als über Hochglanz-Employer Brands ins Unternehmen holen könne: „Der Nachwuchs sucht online nicht nur Spaß und Special Effects, sondern auch (berufliche) Orientierung – am besten emotional von Mensch zu Mensch. Er will ehrlich auch über die negativen Aspekte eines Jobs informiert werden („Was muss ich auch wissen?“).“ Eine Videostellenanzeige von Whatchado brachte es in 3 Wochen denn auch auf beeindruckende 53.000 Aufrufe. Die beiden gewünschten Einstellungen konnten vorgenommen werden.

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Es geht nicht darum, bei Facebook oder Whatchado mitzumachen, weil es alle machen, sondern weil sich die Kanäle als Schaufenster nutzen lassen, um dem Bewerber zu zeigen, wie man wirklich tickt. „Unternehmenskultur ist nichts, was man mit einem trockenen Halbsatz in einer Stellenanzeige oder einem müden Versprechen auf einer Karrierewebseite rüberbringen könnten“, so Anja Lüthy. „Eine moderne Unternehmenskultur möchte man spüren!“ Sie drückt sich aus in innovativen Kampagnenideen und Pilotprojekten mit digitalen Hilfsmitteln, in hochkarätigen Mitarbeitenden wie Oberärzten, die ohne Standesdünkel gemeinsam mit der Reinigungskraft in einem YouTube-Video auftreten, oder in Onlineinhalten mit konkretem Nutzwert (FAQs, Berufetests & Co.). Dabei gibt es jedoch keine Garantie, dass junge Leute auf die Ideen anspringen. „In den Social Media weiß man vorher nie, was ankommt“, sagt Krankenpflegerin Julia aus dem Klinikum Dortmund, die per Spagat auf zwei auseinander driftenden Krankenhausbetten einen Werbespot mit Jean-Claude van Damme nachstellte. Mit dem Video sollte Werbung für den Bundesfreiwilligendienst gemacht werden. Es wurde fast 33.000mal bei YouTube aufgerufen.

Kann mal einer Prioritäten setzen? Tipps für erste Schritte vom Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2019

Angesichts all dieser Ideen bleibt die Frage: Womit soll man denn bloß anfangen? Der Herr aus dem Publikum, Geschäftsführer einer nicht namentlich genannten Klinik, erzählte, er habe einen super Tipp von einem Influencer bekommen, nämlich: „Fang doch mal damit an, mich zu duzen. Das wäre ein guter erster Schritt.“ Ein erster Schritt hin zu mehr Lockerheit, mehr Authentizität in der (Bewerber-)Kommunikation deutscher Sozial- und Pflegeeinrichtungen.

Joachim Prölß, Direktor für Patienten- und Pflegemanagement im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der das Forum „Krankenhäusern online ein Gesicht geben“ beim Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2019 moderierte, warnte aber auch, es mit dem bunten Spektakel nicht zu übertreiben. Am Ende müssten sich die Kommunikationsmaßnahmen doch daran messen lassen, ob sie wirklich nachweislich mehr Bewerber*innen eingebracht hätten.

Meine Rede: Evaluation muss sein. Wir brauchen ungeschönte, ehrliche Zahlen. Müssen vergleichen, was funktioniert und was nicht. Können uns nicht hinter Argumenten verstecken wie: Ist doch egal, über welchen Kanal die Bewerber auf uns aufmerksam werden, der Mix macht’s. Oder: Man kann eben schlecht messen, wie viele Bewerbungen durch den Instagram Takeover von Influencer xy zustandegekommen sind.

Es gibt Evaluationsmethoden. Es gibt Seitenstatistiken, es gibt Tracking Links, es gibt Recruiting-KPIs. Man muss sie nur anwenden. Das macht – zugegeben – weniger Spaß als das Ausdenken von lustigen Apps und Videos, aber nur in der Kombination wirklich Sinn.

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