Einblicke in die Recruitingstrategien der Branche liefert der conQuaesso JOBS Recruiting Report 2018.

Michael Malovecky und Esther Niehoff von der Unternehmensberatung contec haben 300 Unternehmen der Sozialwirtschaft, darunter Träger der Alten-, Eingliederungs- sowie Kinder- und Jugendhilfe und Komplexträger, zu Recruiting Trends befragt. Wichtige Studie, denn die meisten anderen Befragungen dieser Art differenzieren nicht nach Branchen oder klammern die Sozialwirtschaft einfach aus. Übrigens: Ich habe auch selbst schon eine Umfrage dazu durchgeführt, welche modernen Kanäle und Methoden der Personalgewinnung in Sozial- und Pflegeeinrichtungen im Einsatz sind.


Der conQuaesso JOBS Recruiting Report 2018 kommt zu einem wenig überraschenden Ergebnis: „Sozialwirtschaftliche Unternehmen halten noch immer stark an traditionellen Wegen der Personalakquise fest und meiden soziale Online-Medien, welchen sie zudem geringen Erfolg in der Personalbeschaffung zusprechen. Einzig die Unternehmenshomepage (90%) sowie die Publikation von Stellenausschreibungen via Online-Jobbörsen (70%) sind unter den reinen digitalen Personalgewinnungsinstrumenten weit verbreitet. Hingegen nutzten im Schnitt nur 10% gelegentlich, häufig oder immer die sozialen Medien XING, LinkedIn, Twitter, YouTube und mobile Recruiting.“ Schade, dass weitere zeitgemäße Methoden wie das Influencer Personalmarketing nicht mit abgefragt und andere nur unter etwas vagen Oberbegriffen wie „Mobile Recruiting“ oder „Empfehlungsmanagement“ zusammengefasst wurden. Haben die Befragten verstanden, dass es sich bei letzterem um „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“-Programme handelt? Eine Unterscheidung zwischen analogen und digitalen Programmen wäre hier auch sinnvoll gewesen. Auf Nachfrage sagte Michael Malovecky, Leiter Recruiting und Marketing bei der contec: „Diese Wege sollen im kommenden conQuaesso JOBS Recruiting Report 2019 validiert werden, dessen Fragebogenkonzeption bereits auf Hochtouren läuft.“

Stellenanzeigen in Printmedien, obwohl sie nachweislich keinen Erfolg bringen

„Meine Lieblingszahl ist folgende“, erzählte mir Michael Malovecky am Rande des 15. Contec Forums: „83% der befragten Träger nutzen Printmedien zur Personalrekrutierung, obwohl 54% die Methode als weniger oder gar nicht erfolgreich erleben.“ Mit Abstand der größte Budgetanteil wurde in die Printmedien investiert (27%). Warum? Warum ist die Branche so unbeweglich und hält sich an Dingen fest, die laut eigenen Erfahrungen einfach nicht mehr funktionieren? Warum arbeitet sie in großem Stil mit innerbetrieblichen Ausschreibungen (85%), die doch nur dazu führen, dass eine neue Lücke sich auftut, wo eine alte gestopft wird? Die Antwort liefert ebenfalls der conQuaesso JOBS Recruiting Report 2018: Fehlende Zeit, fehlende Arbeitskraft, fehlendes Know How im Umgang mit Social Media Plattformen. Nicht einmal die absoluten Basics sind flächendeckend vollbracht: Nur 44% der befragten Unternehmen hatten ihre Homepage für die mobile Ansicht optimiert und 39% stellten ein Onlinebewerbungsformular zur Verfügung. 98% glauben, „dass digitale Instrumente und Kampagnen zur Personalbeschaffung langfristig die klassischen Maßnahmen teilweise oder gänzlich ablösen werden“, doch jedes dritte Unternehmen hat noch nicht einmal angefangen, sich darauf vorzubereiten und erlebt sich als völlig unzureichend digitalisiert.

Die Argumente, aus denen die Bemühungen hier nicht mehr Fahrt aufnehmen, kann ich so nicht stehen lassen. Die personelle Unterbesetzung in der Personalabteilung ist zum Beispiel kein Argument dafür, vor den digitalen Recruiting Trends komplett die Augen zu verschließen. Ich kenne Träger, bei denen eine einzige Person in der Personalabteilung den Unterschied macht, weil sie Lust auf die neuen Methoden hat und wahnsinnig was bewegt. Einigen dieser Personen habe ich hier im Blog den virtuellen Orden „Die Top-Recruiter der Diakonie“ verliehen. Mit dem fehlenden Know How, Argument 2, ist es auch so eine Sache. Ich hatte 2011, als ich das Referat Personalmarketing und Recruiting bei der Diakonie übernahm, auch keine Ahnung von digitalen Kanälen der Personalgewinnung. Für die Stelle qualifiziert hatte ich mich vor allem wegen meiner umfangreichen Veröffentlichungen rund um die Themen Berufsorientierung, Berufseinstieg und Quarterlife Crisis. Acht Jahre und drei Bücher später bin ich eine gefragte Speakerin auf HR Veranstaltungen über digitale Lösungsansätze zur Fachkräftesicherung in Sozial- und Pflegeeinrichtungen. Will sagen: Know How kann man sich aneignen. Man muss es nur wollen, ggf. andere Dinge liegen lassen und den Ernst der Lage richtig einschätzen: „Im Zuge eines stark wettbewerbsorientierten Konkurrenzmarktes bei der Gewinnung von Fach- und Führungskräften ist es von hoher Relevanz zu verstehen, ob und welche (digitalen) Personalrekrutierungsmethoden im sozialwirtschaftlichen Tätigkeitsfeld professionell sowie erfolgsorientiert eingesetzt werden“, schreibt Michael Malovecky ganz richtig.

conQuaesso JOBS Recruiting Report 2018: Selbstüberschätzung der befragten Unternehmen?

Knapp ein Drittel der befragten Unternehmen sagt, der Fachkräftemangel schränke sie gar nicht oder nur ein wenig in ihrer Arbeit ein. Merkwürdig, ich bin bisher in acht Jahren höchstens einer Handvoll Träger unserer Branche begegnet, die trotz Fachkräftemangel keine Personalsorgen haben. Handelt es sich hier um die wenigen, die laut conQuaesso JOBS Recruiting Report 2018 dann doch mal bei XING reinschauen und deshalb weniger Personalnot haben? Kann eigentlich nicht sein, da passen die Zahlen nicht zusammen: Wenn 30% meinen, der Fachkräftemangel schränke sie nicht ein, aber nur 10% moderne Methoden der Personalgewinnung ausprobieren (siehe oben), woher bekommen dann die anderen 20% ihre Fachkräfte? Noch merkwürdiger ist folgende Zahl aus dem conQuaesso JOBS Recruiting Report 2018: Über 70% fühlten sich in Sachen Recruiting-Strategie eher stark, stark oder sehr stark aufgestellt im Vergleich zur Konkurrenz. Dem gegenüber steht wieder die Zahl von 10%, die neue digitale Wege der Personalgewinnung gehen. Was ist mit den anderen 60%? Meinen sie, eine mobil optimierte Unternehmenswebseite und ein Onlinebewerbungsformular reichten aus, um gut aufgestellt zu sein?

Weitere Fragen entstehen beim Blick auf die Hindernisse des digitalen Recruitings. „Passt nicht zu unserer Unternehmenskultur“, sagen 17% über Mobile Recruiting, 25% über Youtube, 30% über Twitter, 27% über Instagram, 23% über Facebook, 21% über LinkedIn und 19% über XING. Da frage ich mich: Was für eine Unternehmenskultur soll das denn sein? Eine gnadenlos altmodische, die noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen ist? Darauf ist man hoffentlich nicht stolz. Da sollte sich dann dringend die Unternehmenskultur ändern, sodass sie in die heutige Zeit passt. Der Nutzen der Kanäle sei für sie nicht erkennbar, sagen 14% über Mobile Recruiting, 20% über Youtube, 22% über Twitter, 21% über Instagram, 15% über Facebook, 24% über LinkedIn und 23% über XING. Das kann ich nur verstehen, wenn damit gemeint ist, dass nicht klar ist, wie man die jeweiligen Kanäle für das Recruiting nutzen kann. Damit muss man sich durchaus erstmal auseinandersetzen. Denn ein Bild vom Sommerfest bei Facebook zu posten ist eben etwas anderes als dort tatsächlich auf Bewerbersuche zu gehen. Aber mit etwas „Trial and Error“ funktioniert auch das. Da sind wir wieder beim Thema Know How aneignen.

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Welche Recruiting Methoden sind in der Sozialwirtschaft erfolgreich?

Die spannendste Frage ist natürlich, welche Recruiting Methoden in der Sozialwirtschaft als erfolgreich erlebt werden. Die Antworten der befragten Unternehmen darf man aber natürlich nicht 1:1 in eine To do-Liste umschreiben. Denn wenn die wenigsten der befragten Unternehmen überhaupt schon Active Sourcing ausprobiert haben, können sie eigentlich keine sinnvolle Aussage dazu treffen, ob es funktioniert oder nicht. Die Top3 erfolgreichen Recruiting Kanäle und Methoden sind laut Report die Personalentwicklung (also interne Besetzungen), Mitarbeiterempfehlungen (in den meisten Fällen wahrscheinlich analog) und Stellenanzeigen auf der Unternehmenshomepage. Stellt man meine Erfahrungen einmal gegenüber, würde ich sagen, die Top3 sind derzeit digitale Mitarbeiterempfehlungsprogramme, Mobile Social Recruiting Tools und (für Träger der Diakonie) Stellenanzeigen in der Stellenbörse im Diakonie Karriereportal, welche von den großen Metasuchmaschinen wie indeed ausgelesen wird und für eine sehr große Reichweite sorgt.

Grafik von Seite 26 im conQuaesso JOBS Recruiting Report 2018: Welche Methoden und Kanäle sind im Einsatz?

Hier geht’s zum conQuaesso JOBS Recruiting Report 2018

Im kompletten conQuaesso JOBS Recruiting Report 2018 findet ihr außerdem noch Details zu folgenden Fragen:

  • Welche weiteren Recruiting Kanäle und Methoden wurden als erfolgreich eingestuft?
  • In welche Recruiting Kanäle floss das meiste Budget?
  • Wie viel Prozent der Befragten akzeptieren Bewerbungen per WhatsApp oder One-Klick-Bewerbungen?
  • Wie hoch ist die durchschnittliche Besetzungsdauer (Time to hire) für Fach- und Führungskräftestellen?
  • Wie sind unterscheiden sich die Befragungsergebnisse der einzelnen Arbeitsfelder Altenhilfe, Eingliederungshilfe, Jugendhilfe, etc.?

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