Nanu, keine neuen Trends dieses Jahr? Wenige überraschende Themenvorschläge bestimmten die Session-Pitches beim HR Barcamp 2019 in Berlin.

Ein paar Frauenthemen kamen auf die Liste, das war neu. Darunter Working Moms als Bewerberzielgruppe, Networking unter Frauen und gendergerechte Sprache im Recruiting. Ansonsten war ein paar Mal künstliche Intelligenz dabei, aber die hatten wir letztes Jahr schon und die Begeisterungsstürme für das Thema blieben aus. Recruiting in kleinen Unternehmen, Lebenslanges Lernen, Digitalisierung im Recruiting – joa, kann man machen, aber vom Hocker reißt das nicht. Stellenanzeigen wurden auch mehrmals genannt – och nö, darüber gibt’s nun wirklich nichts Neues zu berichten. Einen spannenden Schwerpunkt beim HR Barcamp 2019 habe ich beim Thema „Generation Z und New Work” wahrgenommen – hier wurden verschiedene Sessions vorgeschlagen und Aspekte angesprochen: wie man sie rekrutiert, wie man sie motiviert, wie man sie bindet. Und so habe ich mich am ersten Tag beim HR Barcamp 2019 dann hauptsächlich damit auseinandergesetzt. Wie praktisch, denn ich gebe ja im November ein Seminar zur GenZ!


Fangen wir von hinten an: Die letzte Session, die ich am ersten Tag besucht habe, trug den Titel „Generation Z – Neue Herausforderungen?“. Mit mir im Raum: Einige Babyboomer, viele Generation Xer und Yer und eine einzige junge Frau aus der Generation Z. Das ist doch mal wieder symptomatisch: Wir reden ÜBER die jungen Leute, aber nicht mit ihnen. Warum gehen die Damen und Herren Recruiter, die die jungen Leute verstehen möchten, nicht in eine Session, wo sie den Nachwuchs auch wirklich treffen? Die Session zum Thema „New Work“ war zum Beispiel ein Sammelbecken für die jüngsten Teilnehmer des HR Barcamps – mit meinen 42 Jahren fühlte ich mich unter ihnen wie eine Oma und habe ganz viel gelernt. Jan-Kristian Jessen von der Innovationsberatung „quäntchen+glück“ aus Darmstadt stellte 32 konkrete Maßnahmen vor, mit denen in seinem Unternehmen New Work gelebt wird – und sie wurden allesamt vom jungen Publikum gefeiert. Die Definition dahinter: New Work ist vor allem ein System, das auf Vertrauen basiert, und nicht auf Kontrolle. Zu den Maßnahmen bei „quäntchen+glück“ gehören:

  • Der „Schontag“ am Montag: Ein ganzer Tag ist nur für Meetings reserviert. Vormittags gibt’s die regelmäßigen Jour fixes zu den Kundenprojekten, nachmittags feste Slots für spontan zu bestimmende Themen. Die Kunden wissen, dass die Berater an dem Tag nicht zu erreichen sind – dafür an allen anderen Wochentagen umso besser. Die Berater wissen, dass sie nur am Montag Anwesenheitspflicht im Büro haben und den Rest der Woche Zeit für ihre Aufgaben haben und sie im Home Office verbringen können, wenn sie möchten. Zwei bis drei Tage die Woche macht das auch jeder.
  • Gemeinsame einstimmige Entscheidungen: Alle verdienen dasselbe, vom Gründer bis zum Office Manager. Wie hoch das Gehalt ausfällt, darüber wird abgestimmt. Genauso wie über neue Einstellungen. Wenn nur ein Teammitglied (nach einem Teamabendessen mit dem Kandidaten, das sich „Bewerbergrillen“ nennt) gegen einen Bewerber stimmt, wird er nicht eingestellt. Im Übrigen kann das kleine Unternehmen nur auf Basis von Initiativbewerbungen wachsen. Junge Leute hören von der New Work Atmosphäre und denken: Das will ich auch!
  • Flexible Arbeitszeiten gibt es sowieso – jeder kann seine Arbeit zu jeder gewünschten Tages- und Nachtzeit erledigen und zwischendurch Freunde treffen, so viel er möchte. Dazu eine Urlaubsflatrate: Jeder darf so viel Urlaub nehmen wie er mag, unter drei Bedingungen: Lasse dein Team und deine Kunden nicht im Stich! Und du kannst nicht heute Urlaub anmelden, der morgen startet.
  • Viele digitale Tools werden genutzt: Videokonferenzen per Skype oder Facetime, Trello für das Projektmanagement. Meetings werden im dortigen Kalender eingetragen, die Teilnehmer einfach zusammengeklickt. Keine umständlichen Doodle-Abstimmungen mehr. Mit der Software Slack wird im Team und mit den Kunden gechattet. Die interne E-Mail gibt es nicht mehr, Echtzeitkommunikation ist angesagt.

[Werbung] Mit der Nachwuchsstrategie ist man als Sozial- und Gesundheits-unternehmen nie fertig. Jede nachwachsende Generation hat ihre eigenen Bedürfnisse und Lieblingskanäle. Kooperationen mit Schulen oder Sportvereinen gehören aber seit Jahrzehnten zum sinnvollen Portfolio dazu. Mehr dazu in meinem neuen Fachratgeber „Generation Z to go für Sozial- und Pflegeeinrichtungen“ (Walhalla Verlag, 2020; Amazon Affiliate Link).

Die kompletten 32 New Work Formate, die bei „quäntchen+glück“ in Anwendung sind, hat die Innovationsberatung zu einem netten Quartett-Spiel zusammengefasst, welches man gegen eine Spende bestellen kann. Große Frage in der Session: Und wie wird bei so viel Freiheit überhaupt noch gearbeitet? Die Antwort darauf gab ein Barcamp-Teilnehmer, der bei Facebook angestellt ist, wo es ähnlich läuft: Indem klare und recht ambitionierte Ziele vorgegeben werden: Diese Woche stellst du Angebot xy fertig, telefonierst du 50 potentielle Neukunden durch, usw. So kommt man voran, ohne eine Zeitstechuhr zu brauchen. „Die Leute müssen schon Lust auf Arbeiten haben“, gibt Jan-Kristian Jessen zu, „Sonst funktioniert das System nicht.“ Es stellt sich die Frage, wie lange die Lust aufs Arbeiten erhalten bleibt. Selbst mit den ganzen neuen Formaten, die Arbeit zugegebenermaßen spielerisch-spaßig klingen lassen, wird man eine Generation nicht über 45 Berufsjahre bei Laune halten. Doch das ist nicht die Frage, die einen Recruiter weiterführt, der Nachwuchs finden und binden soll. Der muss ganz einfach mit dem Zeitgeist gehen und Folgendes verstehen.

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1.      Die Generation Z fährt auf alles ab, was irgendwie neu und anders ist.

Es kommt eigentlich gar nicht darauf an, was man als Unternehmen denn nun genau anders macht, Hauptsache, es klingt neu und anders und man kann als Berufseinsteiger im Freundeskreis davon schwärmen, dass man bei diesem tollen Arbeitgeber arbeitet, wo es neue und andere Dinge zu erleben gibt: alkoholische Getränke for free zum Beispiel oder ein Großraumbüro ohne fest zugewiesene Arbeitsplätze. Die jungen Leute riefen im bunten, unreglementierten Trubel der Session, sie würden sofort kündigen, wenn in ihrem Start up ein Betriebsrat gegründet würde oder wenn man ihnen sagte, dass sie fünf Tage die Woche am Schreibtisch im Büro zu sitzen hätten.

Vieles von dem, was Jan-Kristian vorgestellt hat, ist in Kitas und Pflegeheimen schwer umzusetzen und auf die konkrete Frage, was seine Innnovationsberatung denn sozialen Einrichtungen für New Work Maßnahmen empfehlen würde, konnte er spontan auch nichts sagen außer: „Tja, Home Office geht da wohl nicht.“ Man käme in solchen Fällen erstmal mit Papier und Stift und würde den Mitarbeitenden Fragen stellen wie: „Welcher Wochentag ist in diesem Unternehmen ein guter Tag und welcher ist ein schlechter Tag?“ Und aus den Antworten ergäben sich dann Verbesserungsmöglichkeiten. Das mag sein, ist aber jetzt auch kein total neuer Ansatz. Trotzdem lassen sich auch im Sozial- und Gesundheitswesen neue, coole Arbeitsweisen finden, die die GenZ toll findet, wie das niederländische Buurtzorg-Modell beweist.

Wichtig ist, dass es völlig egal ist, ob uns als berufserfahrenen Kolleg*innen die New Work-Maßnahmen sinnvoll erscheinen oder ob sie langfristig durchzuhalten sind. Um die Generation Z zu gewinnen, muss man einfach ein paar davon anbieten und damit lauthals hausieren gehen.

2.      Manchmal reicht es, den Dingen einfach nur einen neuen Namen zu geben.

Damit die GenZ das Gefühl hat, bei ihrem Arbeitgeber ginge es nicht zu wie bei den eigenen Eltern im Büro, muss man das Rad nicht komplett neu erfinden, sondern es braucht manchmal einfach nur einen cooleren Namen und einen kleinen neuen Dreh. Das ist dann auch gut, um die alteingesessenen Mitarbeitenden mitzunehmen, denen man vermitteln kann: Wir stellen hier nicht komplett alles auf den Kopf, was ihr kennt. Was zum Beispiel bei Jan-Kristian Quämp heißt (Wortspiel aus „Camp“ und „Quäntchen“), heißt bei älteren Semestern „Klausurtagung“: Das ganze Team fährt zusammen weg, um ungestört für zwei Tage am Stück über strategische Fragestellungen zu reden. Gut, beim Quämp gibt es Schlafsäle in der Jugendherberge und bei der Klausurtagung gibt es ein Tagungshotel, aber sonst ist es dasselbe in grün. Jedenfalls nichts, was man nicht auch mal ausprobieren könnte. Ein Mitarbeitergespräch heißt im New Work à la quäntchen+glück „Speedback“ und dauert nicht eine Stunde, sondern 10 Minuten und wird im Speed-Dating-Modus abgewickelt: Fünf Minuten rede ich, fünf Minuten redest du, und gegenseitig sagen wir uns in wertschätzendem Ton, was wir aneinander toll finden und was uns aneinander nervt. Jedes Teammitglied speed-dated jedes andere, und das einmal im halben Jahr. Und schon wird aus einer altbewährten Methode etwas Neues, womit sich die GenZ begeistern und die GenX entstauben lässt.

3.      Die GenZ merkt am eigenen Leib, dass nicht alle hippen Maßnahmen auf Dauer durchzuhalten sind.

Es bringt nichts, den jungen Leuten oberlehrerhaft zu begegnen nach dem Motto: „Habt ihr euch mal überlegt, dass wenn ihr euren Mitarbeitern kostenloses Bier auf den Schreibtisch stellt, ein gewisser Gruppendruck und eine ungute Verknüpfung aus Arbeit und Alkohol entsteht und ihr vielleicht den einen oder anderen Alkoholiker heranzüchtet?“. Obwohl das tatsächlich nicht ganz weit hergeholt ist, wie der Teilnehmer von Facebook berichtet, der sich durchaus rechtfertigen muss: „Wir waren diesen Monat zehnmal saufen und du warst nur einmal mit. Warum?“

Stattdessen geht es darum, den Nachwuchs selbst erleben zu lassen, wo New Work an seine Grenzen stößt. „Bei uns ist ständig Change angesagt, immerzu ändert sich alles und man muss sich wieder anpassen“, verriet mir eine Barcamp-Teilnehmerin, „und das ist super anstrengend. Ich frage mich oft: Können wir denn nicht mal fertig sein?“ Ich habe Start up-Gründer gesehen, die mit 15 Leuten im Großraumbüro anfingen und bei inzwischen 79 Mitarbeitern zugeben müssen, dass man sich mit so vielen Leuten in einem Loft wirklich nicht mehr konzentrieren kann. Und dass die Kommunikation dann auch nicht mehr wie gewünscht durch die fehlenden Wände gefördert wird – im Gegenteil. Jeder hat seinen Kopfhörer auf und hört Musik, während er arbeitet, um nicht gestört zu werden. Auf dem HR Barcamp 2019 wurden auch so ein paar kritische Punkte benannt: Die Urlaubsflatrate zum Beispiel. Sie führt offenbar nicht wie man annehmen könnte dazu, dass die Mitarbeiter zu viel Urlaub nehmen, sondern dass sie eher zu wenig Urlaub nehmen (wenn man die 24 bis 30 üblichen Tage als Standard betrachtet). Der Gruppendruck, die engen Zielvorgaben führen eher zur Selbstausbeutung als zur Freiheit. Es gibt jetzt bei „quäntchen+glück“ doch eine Mitarbeiterin, die die Urlaubsanträge überwacht (au weia, die verpönte Kontrolle!) und dafür sorgt, dass eine UNTERgrenze nicht unterschritten wird. In einem anderen Unternehmen baten die jungen Leute die Personalleitung zumindest um ein paar klare Regeln, an die sie sich bei der Urlaubsverteilung halten könnten, damit es nicht völlig durcheinander gehe. Merke: Gegen Regeln haben sie gar nichts einzuwenden, und sei es nur, um sich daran reiben und dagegen auflehnen zu können. Andere Generation Zler befanden wiederum, dass mit Teilzeitkräften im Team ein einziger Meetingtag pro Woche schwer durchzuhalten ist.

[WERBUNG] Was den jungen Leuten gefällt und was nicht, weiß man vorher nie so genau. Und manchmal liegt man mit vermeintlich witzigen Werbesprüchen total daneben. Darum lieber direkt nachfragen, zum Beispiel bei Philipp Riederle, der Stimme der Generation Y und Z. Sein neues Buch „Wie wir arbeiten und was wir fordern“ (Droemer HC Verlag, 2018; Amazon Affiliate Link) bringt Licht ins Dunkel.

 

Wichtig ist, dass die jungen Leute diese Erfahrungen selber machen dürfen, bevor sie freiwillig etwas ändern oder sich sogar auf die Arbeitsbedingungen früherer Generationen einlassen. Diese These unterstützt auch mein Blogartikel über neue Arbeitszeitmodelle in der Pflege, in der der Träger Diako Thüringen festgestellt hat, dass die Mitarbeiter nach einer Testphase, in der sie ihre Schichtsysteme und Dienstpläne nach eigenem Gutdünken gestalten durften, freiwillig wieder zum altbewährten Dreischichtsystem zurückkehrten – nur jetzt zufriedener. Im Idealfall steht am Ende ein Kompromiss aus Alt und Neu, ein weiterentwickeltes System, mit dem alle Generationen gut leben können.

Von New Work zu Old Work: Zwei Parallelwelten auf dem HR Barcamp 2019

Wenn man dann von einer solchen lebhaften New Work Session MIT der Generation Z in eine Session ÜBER die Generation Z geht, die Leute plötzlich doppelt so alt sind und doppelt so verkopft diskutieren, kommt man sich vor wie auf einem anderen Planeten. Eben noch ging es wild durcheinander, jeder fiel vor Aufregung jedem ins Wort, aber trotzdem hat jeder mal was gesagt, weil alle mit Begeisterung bei der Sache waren und sich gegenseitig mit den phantastischsten Auswüchsen ihrer neuen Arbeitswelt übertrumpften. In der nächsten Session gibt es nun plötzlich lange Monologe, der Sessionleiter kommt mit seiner Präsentation überhaupt nicht bis zu den Lösungsansätzen, weil die Teilnehmer*innen lieber ausführlich beklagen wie furchtbar die GenZ ist. Deutlicher könnte der Unterschied zwischen den Generationen nicht auf den Punkt gebracht werden. Die einzige Anwesende aus der Generation Z traut sich nach einiger Zeit zu sagen, sie fände es schon „etwas brutal“, wie man hier über ihre Generation urteile und alle über einen Kamm schere.

Sie seien zu selbstbewusst und egoistisch, die jungen Leute, heißt es, sie hätten zu hohe Ansprüche, sie wollten, egal wie viel sie bereits bekommen hätten, immer noch mehr. Jeder kennt Beispiele: Nach 10min. Vorstellungsgespräch, die er mehr schlecht als recht hinter sich gebracht hatte, fragte ein Bewerber, wann er denn mal drei Monate in der Filiale in Barcelona eingesetzt werden könne. Der nächste will mit 22 ein Sabbatical machen. Der übernächste hat die Hauptschule abgebrochen und schlägt jedes Beschäftigungsangebot aus, denn „eine dreijährige Ausbildung sollte es schon sein“, die man ihm bitte anzubieten habe. Ein frischer Bachelorabsolvent schmeißt mit Fachbegriffen wie „KPIs“ um sich und fühlt sich zu schlau, um sich von älteren Kollegen, denen diese Begriffe nicht geläufig sind, etwas sagen zu lassen. Auf Führungsverantwortung haben sie grundsätzlich keine Lust, die jungen Leute, denn sie möchten schön flexibel bleiben.

Lösungsansätze für den Umgang mit der Generation Z und ihrem Wunsch nach New Work

Doch ein paar Lösungsansätze blitzten zum Glück auch zwischen den Beschwerden durch. Und das sind erstaunlicherweise nicht unbedingt neue digitale Tools wie (zeitversetzte) Videovorstellungsgespräche mit Cammio oder Viasto.

Job Rotation

Bietet den jungen Leuten an, in den ersten Berufsjahren mehrere Stationen im Unternehmen zu durchlaufen, verschiedene Aufgaben oder Funktionen auszuprobieren, bevor sie sich festlegen, wo sie arbeiten möchten. So kommt nicht so schnell Langeweile auf und die Berufseinsteiger müssen das Abenteuer nicht bei der Konkurrenz suchen.

Projektarbeit

Denkt euch Projekte extra für die jungen Leute aus, die sie schon gleich am Anfang ihrer Berufslaufbahn eigenverantwortlich übernehmen dürfen. Führt dafür tolle englische Bezeichnungen ein. Das können natürlich keine wichtigen Projekte sein, denn die Chance, dass die Berufseinsteiger sie in ihrer grenzenlosen Selbstüberschätzung an die Wand fahren, ist groß. Aber genau dafür sollten diese Projekte gemacht sein! Sie sind letztendlich nichts anderes als Übungen mit konkreten Lerneffekten getarnt als verantwortungsvolle Aufgaben.

Coachingformate

Es geht nicht anders als dass man den jungen Leuten Händchen hält. Trotz allen Selbstbewusstseins sind sie meist unselbstständig und brauchen viel Zuspruch und Anleitung. Einmal im Jahr ein Mitarbeitergespräch reicht da nicht aus. Instant Feedback ist das Mittel der Wahl. Dazu gehört auch mal negatives Feedback. Allzu arroganten Bewerbern kann man ruhig sagen: „Leider haben wir uns nicht für dich entschieden, denn uns sind gute Umgangsformen, Teamgeist, Lernbereitschaft und Neugier wichtig und die konnten wir bei dir nicht entdecken.“ Nur weil Nachwuchsmangel herrscht, sollte man sich als Arbeitgeber nicht verbiegen und ständig immer und alles tun, um es den jungen Leuten recht zu machen. Zum Coaching gehört aber auch ein sorgfältiges Onboarding: New Hire Interviews werden durchgeführt, um dafür zu sorgen, dass jeder beim Start im neuen Job individuell betreut wird. Die Pausen im Onboardingprozess (z.B. zwischen Vorstellungsgespräch und Vertragsunterzeichnung) werden gezielt mit Kommunikationsmaßnahmen gefüllt.

Mitgestaltung

Gebt den jungen Leuten das Gefühl, dass sie ihre Arbeitswelt mitgestalten können. Veranstaltet zum Beispiel ein Azubi-Barcamp mit dem Thema „Arbeitgeber von morgen“. Lasst sie Ideen entwickeln und setzt einige davon auch wirklich um. Die GenZ möchte stolz auf ihren Arbeitgeber sein und das Gefühl haben, gehört zu werden.

Peer Recruiting

Dahinter steckt ein interessanter Trend, der nicht nur für den Nachwuchs funktioniert (Aha, doch noch ein Trend beim HR Barcamp 2019!): Bis vor fünf bis zehn Jahren wurde überall ohne Strategie rekrutiert, weil es genug Bewerbungen gab und irgendwie immer funktionierte. Als dann die Fachkräfte knapp wurden, begann man, Recruitingprozesse zu beschreiben, zu zentralisieren, auszuwerten, zu standardisieren und zu optimieren. Nachdem es jetzt aber überall standardisierte und in hohem Maße automatisierte Prozesse gibt, nervt das den Bewerber schon wieder und Arbeitgeber können sich damit nicht mehr voneinander abheben. Also schlägt das Pendel zurück in Richtung Chaos. Denn Peer Recruiting bedeutet, dass man die Teams mal machen lässt: Programmierer rekrutieren Programmierer und Pflegekräfte rekrutieren Pflegekräfte – weil man sich doch untereinander viel besser kennt und versteht. Die Personalabteilung oder der Recruiter stehen nur noch beratend zur Seite. „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“ ist dabei noch nicht einmal weit genug gedacht. Beim Peer Recruiting geht es darum, den gesamten Recruitingprozess von den zukünftigen Kollegen durchführen zu lassen. Dabei kommen dann lustige Recruiting-Events wie das Billard-Turnier in der Kneipe heraus und Antwortschreiben auf Bewerbungen in Umgangssprache. Bewerber bekommen die Möglichkeit, nach dem offiziellen Vorstellungsgespräch mit dem Chef mit einem zukünftigen Teamkollegen zu sprechen und ihn zu fragen, ob denn die ganzen versprochenen tollen Arbeitsbedingungen im Arbeitsalltag wirklich so umgesetzt werden. Der zukünftige Teamkollege, der idealerweise für jeden Bewerber einzeln bewusst nach möglichst ähnlichen Hobbies, Lebensumständen und Lebensläufen ausgewählt wird, heißt übrigens „Candidate Buddy“ (früher: Pate). Die Kunst sei es, Schritte im Bewerbungsprozess individuell aussehen zu lassen, obwohl sie standardisiert sind, so ein Barcamp-Teilnehmer. Bei Facebook bekommen Bewerber zum Beispiel vor dem Vorstellungsgespräch einen kleinen Facebook-Kuchen und einen handschriftlichen Mutmachbrief: „Viel Glück für dein Gespräch, du schaffst das schon!“ Wirkt nett und persönlich, obwohl natürlich jeder Bewerber damit beglückt wird. „Recruiting is everybody’s job“, lautet bei Facebook offenbar das Motto.

Boomerang Recruiting

Da man nun mal nicht verhindern kann, dass die junge Generation sich ausprobieren will und vielleicht auch mal den Arbeitgeber wechselt, hilft ein gutes Austrittsmanagement. Es wird ein Exit Interview geführt, und zwar nicht vom Chef, sondern vom Teamkollegen: „Warum verlässt du uns?“ Man trennt sich im Guten, versucht aus Fehlern zu lernen und gibt dem ehemaligen Mitarbeiter auf den Weg, dass er sich jederzeit wieder melden kann, wenn er festgestellt hat, dass anderswo auch nur mit Wasser gekocht wird und nicht überall New Work drin ist, wo New Work draufsteht.

Klicke hier für weitere Blogartikel zum Thema:

Nachwuchsgewinnung | Generation Y | Generation Z

Zum Beispiel:

 

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