Mit einem letzten Arbeitsbericht aus dem Strategischen Recruitment der DRK Kliniken Berlin möchte ich euch aus dem Recruitingjahr 2023 verabschieden. Darin schreibe ich über die merklichen Veränderungen in der Social Media-Landschaft, die das Personalmarketing gerade durchrütteln. Und über die Ideen für den Redaktionsplan, die ich daraus ableite.
Von Halbwertszeiten und Wackelkandidaten
In den sozialen Netzwerken findet gerade eine merkliche Veränderung statt. Darauf müssen wir im Personalmarketing reagieren. Das ist nicht nur mein persönlicher Eindruck. Es wurde z.B. auch von unseren Active Sourcerinnen und in Gesprächen auf dem HR Barcamp 2023 bestätigt. Demnach haben X (Twitter) und XING ihre Halbwertszeit endgültig überschritten und sind für das Recruiting nahezu uninteressant geworden. Wer nicht gerade eine riesige Recruitingabteilung mit Megakapazitäten hat (lol), kann so langsam darauf verzichten, diese Kanäle weiterhin zu bedienen.
Facebook als Wackelkandidat zögert noch, sein Leben auszuhauchen. An Likes passiert nicht mehr viel. Der Zuwachs bei der Followerzahl betrug in 2023 nur noch 4%. Aber manch ältere*r Mitarbeiter*in ist dort noch unterwegs und besser zu erreichen als über das Intranet. Auch diese Zielgruppe sollte mitbekommen, was das Unternehmen in Sachen Personalgewinnung tut, um Unzufriedenheit vorzubeugen.
In der Referrer-Statistik in unserem Bewerbermanagementsystem liegt Facebook im Jahr 2023 erstaunlicherweise vor Instagram und LinkedIn. D.h. es kommen trotz der verhältnismäßig schweigsamen Leserschaft mehr Klicks über Facebook auf unsere Stellenanzeigen als über die anderen beiden Social Media-Kanäle. Das sind nun schon zwei gute Argumente, die Plattform noch eine Weile zu bedienen.
LinkedIn ganz vorne im Rennen
Was das Community-Engagement angeht, ist LinkedIn dagegen ganz vorne im Rennen. Und inzwischen einer unserer zentralen Kommunikationskanäle. Auf dem Karrierenetzwerk ist in 2023 so viel passiert wie nie zuvor. Bei LinkedIn haben wir in viel kürzerer Zeit eine genauso große Followerschaft aufgebaut wie in 4 Jahren Instagram (rund 3.400, bei Facebook konnten bisher nur 60% davon erreicht werden). Der Zuwachs betrug in 2022 ganze 70% und in 2023 nochmal 55%. Selbst Führungskräfte interagieren auf LinkedIn mit unserem Unternehmensprofil – während sie die anderen Social Media-Kanäle eher meiden.
Unsere Beiträge erhalten auf LinkedIn eine enorme organische (also unbezahlte) Reichweite (bei uns 263.000 Impressionen im vergangenen Jahr gegenüber einer Reichweite von jeweils nur rund 12.000 bei Facebook und Instagram). Weitere Erfolgszahlen von LinkedIn: 5.598 Reaktionen, 147 Kommentare, 183 geteilte Beiträge, 9.425 Seitenaufrufe und Platz 4 im Follower-Ranking unter den Mitbewerbern (Krankenhäuser Berlin), nach Charité, Helios, Deutsches Herzzentrum Berlin. Die bezahlte Reichweite durch Werbeanzeigen in den sozialen Netzwerken klammere ich in diesem Blogartikel übrigens komplett aus. Das ist nämlich eine ganz andere Baustelle, die eigene Überlegungen erfordert.
Neue Contentformate trenden auf Instagram
Instagram ist nach wie vor sehr wichtig für das Personalmarketing. Wir konnten unsere Followerzahl in 2023 um 26% steigern. Aber zu denken gibt eine andere statistische Entwicklung. Nämlich, dass wir dort mit exakt derselben Contentstrategie wie im Vorjahr rund 80% weniger organische Reichweite erzielt haben (bei Facebook sogar 90% weniger). Das heißt nun nicht, dass die Contentstrategie nichts mehr taugen würde. Aber die Formate, in denen die Beiträge veröffentlicht werden, müssen dringend überdacht werden.
Was das Bauchgefühl schon lange sagt, wird von den o.g. Zahlen bestätigt: Der klassische Fotobeitrag hat bei Instagram ausgedient. Besser postet man Stories und Reels, die vom Algorithmus der Plattform wesentlich breiter gestreut werden. Oder man teilt jeden Fotobeitrag (aber auch Reels) zusätzlich als Story. Bisher habe ich täglich vor allem Stories unserer Mitarbeitenden geteilt, die unseren Unternehmenskanal getaggt hatten. Aber das scheint nicht auszureichen. Mit der Story zum Post des Tages will ich ab 2024 konsequent beginnen.
Weitere Ideen
Eine gute Idee ist es auch, statt die Fotogalerie-Funktion bei Instagram zu nutzen, lieber eine kleine Videoslideshow aus den Fotos basteln und diese dann als Reel posten. Das geht mit einfachen Videoschnittprogrammen für den Heimbedarf, aber auch mit Apps wie CapCut. Selbst aus einem einzelnen Foto kann man dort mit diversen Effekten (Licht, Funken, Zoom, Kreisel uvm.) und Unterlegmusik einen kurzen bewegten Clip erstellen.
Für YouTube gilt dasselbe, auch hier trenden inzwischen kürzere Formate: Aus jedem längeren Video sollte man darum mehrere kurze Schnipsel herausschneiden und zusätzlich als so genanntes “YouTube-Short” hochladen. Über die Funktion „Related Video“ wird dann das eigentliche Video in voller Länge verlinkt. Das sorgt für eine viel größere Reichweite – genauso wie neue beliebte Hashtags wie #shorts #fy #fyp.
Für YouTube bedeutet das allerdings, dass man als Unternehmen nun auch dort eine richtige Community aufbauen (Nutzer*innen folgen und Follower*innen sammeln) muss und es nicht mehr wie bisher nur als Videoarchiv/Mediathek nutzen kann. Ohne Community haben die Shorts keine Chance.
Interner Review nach einigen Wochen
Kleiner Tipp noch: Setzt euch nach einigen Wochen Reel-Strategie einmal zusammen und schaut euch an, wie eure Social Media-Kanäle jetzt wirken. Folgendes Ergebnis kann ich prognostizieren: Es wird alles viel lebendiger aussehen, flackern, blinken, sich bewegen. Es wird mehr Interaktion zu verzeichnen sein.
Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, dass z.B. ein Instaprofil durch die neuen Formate sehr plötzlich sehr wild, unaufgeräumt und handgemacht wirkt. Dann muss man sich daran erinnern, dass die Reels nicht dazu führen dürfen, dass die Follower*innen nun alle seekrank werden. Beschränkt euch auf eine Handvoll dezente Effekte. Achtet darauf, dass die Clips in CapCut sorgfältig erstellt werden und sich durch die Bearbeitung nicht irgendwelche Ungenauigkeiten (unscharfe Bilder, schwarze Ränder, etc.) einschleichen. Wählt qualitativ hochwertige Titelbilder für eure Videoclips. So haben wir es auch gemacht.
Woran sich nichts ändern wird: Wir setzen in den sozialen Netzwerken weiterhin im großen Stil auf authentische Beiträge aus den Handykameras unserer Mitarbeiter*innen anstatt auf inszenierte Meldungen aus der Unternehmenskommunikation. Nach unserem Social Media-Aventskalender 2022 und unserer Taucherbrillen-Challenge im Sommer 2023 haben wir uns z.B. für den aktuellen Winter die Serie #XMASMEMORIES ausgedacht.
Und dann wäre da noch TikTok
Und dann wäre da noch TikTok. Ein leidiges Thema. Schon lange wissen wir, dass wir damit anfangen müssten. Wäre das nicht super, wenn wir einen genauso coolen Kanal wie Lidl hätten? Wobei Lidl dort eher nicht die Zielgruppe Bewerber*innen, sondern Kund*innen bedient.
Vergeblich versuchen wir schon seit geraumer Zeit, unsere FSJler*innen und Auszubildenden mit Unterrichtseinheiten und Bildungstagen zur Social Media-Strategie des Unternehmens dafür zu begeistern, uns bei TikTok unter die Arme zu greifen. Denn Videoclips von jungen Leuten für junge Leute kommen einfach besser an als bemüht auf jugendlich getrimmter Content eines erwachsenen Recruiting Teams. Leider konnten wir bisher den Nachwuchs nicht dafür gewinnen, sich längerfristig als Corporate Influencer auf TikTok zu committen.
Bisher haben wir den Start auf der Videoplattform daher aufgeschoben. Wir erhalten ja schließlich auch noch rund 1.600 Bewerbungen für rund 150 zu vergebende neue Ausbildungsplätze pro Jahr. Das Problem ist, dass die Qualität nachlässt. Wir haben versucht, sie dadurch zu erhöhen, dass wir ein ausfüllbares PDF anbieten, das das Anschreiben ersetzt, da es den jungen Leuten immer seltener gelingt, alle Informationen im Anschreiben zu übermitteln, die wir brauchen. Wenn es denn überhaupt beiliegt. Doch das PDF hat für mehr Verwirrung als Vereinfachung gesorgt, daher ist es aktuell nicht mehr im Einsatz.
Jobflow.io – das TikTok für Ausbildungsplätze
Und so rückt TikTok – oder TikTok-ähnliche Nachwuchskommunikation – wieder ins Visier. Einen Blogartikel mit Expertentipps für TikTok hatte ich dieses Jahr ja bereits veröffentlicht. Wenn man es sich dennoch nicht zutraut – können vielleicht neue Anbieter wie PrimeReach/Talenttok oder jobflow.io eine Lösung sein?
PrimeReach produziert im Rahmen des Talenttok-Angebots Kurzvideos und schaltet Werbeanzeigen für Arbeitgeber auf der Originalplattform. Hier ein paar Arbeitsproben/Beispiele, von denen mir das zweite am besten gefällt. Denn tanzende Pflegekräfte will nun wirklich niemand mehr sehen und Erklärvideos, selbst einminütige, sind für die TikTok-Crowd schon “too much information”.
jobflow.io als eigenständige Plattform beschreibt sich als „Das TikTok für Ausbildungsplätze“. Meinen ersten persönlichen Eindruck halte ich im Folgenden exklusiv für Abonnent*innen fest:
Ausführliche Tipps exklusiv für Abonnent:innen
Am Ende bleibt mir nichts anderes übrig und ich fange auf TikTok endlich einfach mal selber an. Bisher hat sich noch jedes soziale Netzwerk und jede Videoplattform durch „Learning by Doing“ erschlossen – warum sollte das hier anders sein? Im Februar startet unsere nächste Social Media-Fortbildung für Mitarbeitende (diesmal sind Praxisanleiter*innen angesprochen) – vielleicht finden wir dort dann Mitstreiter*innen. Drückt uns die Daumen!
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